Autor
Der Minnesänger wird mit jenem Friedrich von Hausen identifiziert, der zum engeren Kreis um Friedrich I. Barbarossa gehörte und zwischen 1171 und seinem Tod 1190 urkundlich gut bezeugt ist (vgl. auch zum Folgenden Meves, S. 279–296). Als Familiensitz gilt seit Wagner Rheinhausen bei Mannheim.
Die urkundlichen Zeugnisse zeichnen das Bild eines hochangesehenen Ministerialen. 1171 wird Friedrich zum ersten Mal in einer Urkunde Erzbischofs Christian I. von Mainz aufgeführt, zusammen mit seinem Vater Walther; weitere gemeinsame urkundliche Nennungen folgen. Möglicherweise war schon Walther literarisch interessiert: Die Forschung nimmt an, dass ein Spruch Spervogels/Hergers, in dem der Tod Walthers von Hausen beklagt wird (Mich riuwet Fruot über mer und von Hûsen Walther (MF/MT 25,20f.), auf ihn zu beziehen ist. Walther stirbt um 1175 (zu Walther von Hausen vgl. Holtorf, S. 82–88), dem Jahr, ab dem Friedrich selbstständig urkundet (vgl. ebd., S. 88). Aus den folgenden elf Jahren sind keine Belege zu Friedrich von Hausen bekannt, sein Name wird erst wieder in einer Urkunde König Heinrichs VI. für die Stadt Lucca vom 30. April 1186 genannt, aus der man schließen kann, dass Friedrich bereits im Januar jenes Jahres in Mailand bei der Hochzeit des Kaisersohnes mit der normannischen Thronerbin Konstanze anwesend war (Meves, S. 281). Auch im Folgenden begleitet er den König in Italien. Ab 1187 ist er wieder diesseits der Alpen, zunächst wohl im Gefolge Kaiser Friedrichs I. (ebd., S. 281), dann am Hof Barbarossas und für ihn auf Reisen. 1189 begleitet Friedrich Barbarossa auf den Dritten Kreuzzug. Am 6. Mai 1190 kommt Friedrich von Hausen bei Philomelium in Anatolien durch einen Sturz vom Pferd während eines Gefechts mit türkischen Reitern ums Leben (ebd., S. 281, 294–296).
In der mittelhochdeutschen Dichtung wird Friedrich von Hausen dreimal genannt. Er ist Teil jener lyrischen Dichter, auf die um 1200 die anonym und unikal überlieferte Totenklage D Namenl/43r 1 Bezug nimmt (möglicherweise ist sie Reinmar von Brenneberg zuzuschreiben). Darüber hinaus ist er im dritten Leich des von Gliers als Leichdichter aufgeführt (SM XX,3, V. 113). In der Epik nennt ihn Heinrich von Türlin um 1220 neben anderen Lyrikern in der ›Crône‹ (V. 2443).
Die Weimarer und die Manessische Liederhandschrift führen zu Friedrich von Hausen eine im Kern gleiche Miniatur, die in C reicher ausgestaltet ist. Die Bilder zeigen den Autor auf Seefahrt, was vermutlich durch die Kreuzlieder angeregt ist (Frühmorgen-Voss, S. 191 spricht eindeutig vom »Kreuzfahrerbild«). Der Dichter steht in beiden Handschriften in der Mitte eines zweimastigen Schiffes. In C zeigt er mit der rechten Hand auf zwei im Wasser kämpfende Gestalten. B verbildlicht einen Matrosen in der Takelage des Schiffs; in C sind es drei, einer davon im Mastkorb, und sie halten hier in unterschiedliche Richtungen Ausschau. Interessanterweise fehlen in der Manessischen Liederhandschrift das sonst übliche Wappen und die Helmzier in der oberen Bildhälfte; der Dichter ist durch den Mantel mit Pelzbesatz zwar als vornehme Figur erkennbar, nicht jedoch explizit als Ritter.
Überlieferung
Unter Friedrich von Hausen führt die Manessische Liederhandschrift C 53 Strophen, die Weinberger Liederhandschrift B 48 Strophen. In C ist das Friedrich-Korpus teil der XI. Lage und eines Grundstock-Segments, in dem die Korpora generell eine große Nähe zur Weingartner Liederhandschrift aufweisen (vgl. Henkes-Zin, S. 124). Die Friedrich-Korpora in B und C entsprechen einander weitgehend, beide tradieren jedoch eine Reihe an Liedern, die das jeweils andere Korpus nicht überliefert.
Das gleiche Lied eröffnet beide Korpora. In B hat es fünf Strophen (B Hausen 1–5), in C vier (C Hausen 1–4). Davon ist Str. C IV unikal überliefert, Str. B IV und V führt C an späterer Stelle als eigene, formal leicht abgewandelte Liedeinheit (C Hausen 18f.). Dazwischen tradiert die Manessische Liederhandschrift dreizehn weitere unikal überlieferte Strophen in fünf Liedern (C Hausen 5–7, C Hausen 8–10, C Hausen 11–14, C Hausen 15f. und C Hausen 17). Darüber hinaus schließt das C-Korpus Friedrichs mit einem Frauenlied (C Hausen 51–53), zu dem Parallelüberlieferungen in der Weimarer Liederhandschrift und im Berner Hausbuch existieren, nicht jedoch in B. Die im Vergleich mit B zusätzlichen Lieder des C-Korpus Friedrichs von Hausen betreffen somit Anfang und Ende des Korpus und sind größtenteils unikal überliefert.
Die sechs Lieder, die B über C hinaus führt, sind dagegen in anderen Handschriften anderen Dichtern zugeordnet: Dominant für B Hausen 12–14 und B Hausen 15f. sind die vielfachen Parallelüberlieferungen unter Reinmar, die vier Lieder B Hausen 17–19, B Hausen 20, B Hausen 21f. und B Hausen 23 sind in C dem Markgrafen von Hohenburg zugeschrieben (vgl. den Autorkommentar zum Markgrafen von Hohenburg). Diese sechs Lieder unterbrechen nicht nur eine in B und C parallele Strophenstrecke, sondern sie trennen mit B Hausen 10f. und B Hausen 24f. den Liedzusammenhang des Kreuzlieds Min herze unde min lip, die wellent schaiden, das in C als vierstrophiger Ton überliefert ist. Vermutlich kann man hier mit einem Fehler rechnen; die Forschung geht meist von einem versehentlich eingeordneten Blatt in der Vorlage von B aus (Schweikle, S. 481) und spricht die entsprechenden Lieder Friedrich ab.
In mehreren Liedern weist B assonierende Reime auf, während C reine Reime führt. Dies betrifft C Hausen 18f. et al., C Hausen 20–24 et al., C Hausen 25–28 et al., C Hausen 29f. et al., C Hausen 32f. et al., C Hausen 34–36 et al., C Hausen 37f. et al., C Hausen 39–42 et al., C Hausen 43f. et al. und C Hausen 47–50 et al. Schweikle, S. 475, geht von einer Überarbeitung durch den Dichter selbst aus. Tervooren/Weidemeier, S. 53, nehmen hingegen an, dass der C-Beabeiter »systematisch und konsequent die ihm vorgegebenen Reimstrukturen um[gestaltet]« hat. Jedenfalls lässt sich konstatieren, dass sich an diesen Liedern in der Manessischen und Weimarer Liederhandschrift zwei unterschiedliche Formvorstellungen erkennen lassen. Dort, wo das Reimwort nicht nur grammatisch, sondern lexikalisch variiert, kann die Variante auf den ganzen Vers übergreifen (vgl. Henkes-Zin, S. 125).
Werk
Die Lieder Friedrichs von Hausen sind von der Trobador- und Trouvèrelyrik beeinflusst. Das zeigt sich an der generellen Ausrichtung auf die hohe Minne, an einzelnen Motiven wie der huote und am Formalen.
Auffallend sind unter den Liedern Friedrichs die Kreuzlieder und die Klagen darüber, fern von der Geliebten zu sein. Mit am bekanntesten dürfte das Kreuzlied C Hausen 25–28 et al. (Min herze, min lip, die wellent scheiden) sein, das eine große Ähnlichkeit aufweist mit Ahi, Amours! com dure departie von Conon de Béthune. Die Trennung von herze und lip, die bei C Hausen 25–28 et al. zentrales Problem ist, wird in der Minneklage C Hausen 43f. et al. eher nebenbei mit Anspielung auf den Kreuzliedkontext genannt, während C Hausen 47–50 et al. einen ähnlichen Gedanken nur im Minnekontext variiert: Das Ich schmerzt die räumliche Distanz bei gedanklicher Nähe zur Geliebten.
Die huote ist Thema im Wechsel C Hausen 32f. et al. und im Ich-Lied C Hausen 39–42 et al., in dem das Ich sie als Instanz preist. Daneben stehen andere Impulse unter den Liedern Friedrichs von Hausen eher für sich, beispielsweise die Traumstrophe C Hausen 31, in der das Ich die Geliebte nachts erträumt, das Preislied C Hausen 37f. et al., dessen Refrain Liebeserfüllung fordert, und die Minnereflexion C Hausen 45f. et al., in der das Ich nach dem Wesen der Minne fragt. C Hausen 51–53 et al., mit dem die C-Überlieferung schließt, ist ein Frauenlied, das man als Parodie auf Reinmars Frauenlieder auffassen kann (Ashcroft, S. 64f.).
C Hausen 20–24 et al. (Si darf mich des zihen niht) ist eine Kontrafaktur zu En chantan m'aven a membrar von Folquet de Marseille). Andere Lieder, z. B. C Hausen 8–10, C Hausen 39–42 et al. – beide auf Strophenebene durchgereimt und mit isometrischer Strophenform – oder C Hausen 47–50 et al., stimmen formal mit romanischen Liedern überein, die inhaltlichen Ähnlichkeiten sind geringer. Auch neben den bisher genannten sind zahlreiche Lieder auf Strophenebene durchgereimt und/oder haben einen isometrischen Bau, seltener ist daktylischer Rhythmus, dies betrifft C Hausen 5–7 (isometrisch), C Hausen 11–14 (isometrisch, durchgereimt bis auf abschließendes Reimpaar), C Hausen 15f. (isometrisch, daktylisch), C Hausen 17, C Hausen 29f. et al. (isometrisch, durchgereimt bis auf abschließendes Reimpaar), C Hausen 32f. et al. (isometrisch, durchgereimt), C Hausen 34–36 et al. (durchgereimt), C Hausen 37f. et al. (isometrisch, durchgereimt, Refrain), C Hausen 39–42 (durchgereimt) und C Hausen 45f. et al. (isometrisch, dyktylisch), C Hausen 47–50 et al. hat angereimten Abgesang.
Selbst unter den Liedern, die C dem Markgrafen von Hohenburg zuschreibt, weist B Hausen 21f. et al. isometrische Strophenform auf, sowohl isometrisch als auch durchgereimt ist B Hausen 20 et al., isometrisch, durchgereimt und dyktylisch ist die Strophenform von B Hausen 23 et al.
Formal nicht eindeutig ist C Hausen 1–4 et al. Die Periodenstrophe ist eventuell schon manchen Zeitgenossen ungewöhnlich vorgekommen: Die Überlieferung des Lieds ist im Vergleich mit B in zwei Lieder auseinandergezogen, C Hausen 18f. ist dabei zur Kanzonenstrophe mit Kreuzreim im Aufgesang umgeformt.
Simone Leidinger