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Der Wilde Alexander, ›Myn trurichlichiz klagen‹ (J 42) Lied zurückDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Der einzige Leich des Wilden Alexander ist in CJW erhalten. Der Versikelbestand in CJW ist identisch, die Varianz ist gering. Zweimal sind Bauteile in toto verstellt (C 43–46 gegen JW 27–30, J 121f. gegen C 117f./W 117f.). In C 59–61 hat die formale Struktur (Metrum, Reim) unter Wortumstellungen gelitten, nach C 16 ist ein Vers ausgefallen. Da W in diesen Fällen stets mehrheitsbildend ist, orientiere ich mich für das Folgende sowie für das Bauschema an der W-Zählung.

Im Detail gibt es immer wieder kleinere Abweichungen zwischen den Handschriften (z. B. Wortersatz, Wortumstellung), die aber kaum je inhaltlich, selten nur formal ins Gewicht fallen. Die dennoch vorhandene Varianz legt nahe, dass (1) CJ gegen W eine Gruppe bilden (z. B. W 57f. et al., W 83f. et al.) und dass (2) dort, wo CJW je eigene Wege gehen, eine schwierige Stelle nicht verstanden und durch lectio facilior ersetzt wurde (z. B. W 23f. et al.: C und W wohl aus *J, W 69f. et al.: C und J wohl aus *W [Venus] verderbt).

Form: Vgl. Leichschema. Der Leich besteht aus überwiegend paarig auftretenden Versikeln; häufigere Wiederholungen (K, O) sind die Ausnahme. Die bei weitem überwiegende Zahl der Verszeilen ist vierhebig. Der Bau der Versikel ist bis hin zur Auftaktgestaltung geregelt.

Das Bauschema folgt dem Lai-Typ. Der überwiegende Teil der Versikel tritt einzeln auf; in etwa der Mitte des Leichs steht ein doppelter Kursus (V. 71–92, 93–114).

Musik: Erhalten sind Melodien in J und W, die zwar eine gemeinsame Vorlage teilen, aber im melodischen Detail erheblich voneinander abweichen. Die Melodie aus J ist überwiegend dorisch, die meisten Versikel enden auf der (dann) Repercussa a. Wenig zuverlässig ist das Notat aus W, bei dem es z. T. scheint, als wären ganze Zeilenmelodien oder gar ganze Versikel unabsichtlich transponiert worden. Auch in W enden fast alle Versikel auf a, das hier allerdings äolische Finalis sein dürfte.

Die Makrostruktur der Melodien in JW ist bei aller Verschiedenheit identisch, sie entspricht im Wesentlichen jener des Textes (siehe das obige Schema). Charakteristisch für die Komposition ist eine sehr hohe Wiederholungsrate des melodischen Materials in und zwischen den Versikeln, die davon begünstigt wird, dass die einzelnen Verszeilen sehr oft ähnlich oder identisch gebaut sind. Generell tendieren die Melodien aus J und W zur Monotonie; sie sind oft syllabisch und zeigen wenig melodische Bewegung, scheinen also ganz dem Text verpflichtet.

Selten differieren textmetrische und melodische Struktur: Versikel F und G folgen zwar demselben metrischen und Reim-Schema, haben aber sowohl in J als auch in W eine eigene Melodie, Ähnliches gilt für die textmetrisch annähernd baugleichen, melodisch aber verschiedenen Versikel LM sowie DK. Vielgestaltig ist die Handhabe kleinteiliger textmetrischer Wiederholungsstrukturen: Sie werden teils von der Melodie nachgemacht (DD, EE, KK, OO), teils durch kleinere Variation der Melodie aufgeweicht (O1O), teils zu größeren Gruppen gebündelt (P).

Bemerkenswert ist, dass bei jenen Versikeln, die (formal und/oder inhaltlich) einen Neuansatz bedeuten, das melodische Material besonders sparsam eingesetzt ist, was den Effekt einer melodischen Zäsur haben dürfte: In den Gruppen DE stehen acht Verszeilen auf nur zwei Zeilenmelodien, nach dem doppelten Kursus wird ein kurzer einversiger Versikel (mit geringer Variation der Melodie) zwölfmal wiederholt (O und O1), am Eingang der Kursus erscheint ein kurzer einversiger Versikel sechsmal (K), im Schlussversikel teilen sich die ersten beiden Verse eine Melodie (R), dasselbe in Versikel H, der (ebenfalls) einen inhaltlichen Schlusspunkt setzt. Für Näheres siehe das präzise Schema bei Taylor, S. 14f.

Inhalt: Der Minneleich gliedert sich deutlich in folgende Blöcke: W 1–22 et al.: Minneleid, Suche nach einem Remedium, Bekenntnis zum Schwanengesang. W 23–50 et al.: Im Schilddienst der Minne; die Nöte des Liebenden (unerwiderte Minne, unerfüllte Minne, Leid nach der Trennung). W 51–70 et al.: Überleitung zur Minnelehre, die von zeichen und dôn der Minne handeln wird.W 71–92, 93–114 et al.: Beschreibung des Wappens der Minne (erster Kursus) und dessen allegorische Deutung (zweiter Kursus). Die verwendeten Bilder (Amor und sein Pfeil, Fackel, Fessel) sind konventionell, wenn auch z. T. unkonventionell miteinander kombiniert. W 115–132 et al.: Exemplifizierung der Allegorie, weitere Deutungen des Wappens. W 133–156 et al.: Rückkehr zum Thema des Minnekampfs (Schilddienst), der nun aber zusehends zu einem von Minne ausgelösten realen Kampf wird, gipfelnd in einer Allusion auf die Troja-Geschichte (Paris, der den dôn [scil. der Minne] von den Griechen übers Meer geholt hat), die nur noch gesetzt, nicht aber erklärt wird.

Die einzelnen Teile sind durch leitmotivische Elemente (Schild, Kampf etc.) miteinander verschaltet, was die Kohäsion des Ganzen stärkt, zugleich aber das Gliederungsprinzip verhängt. Auch sonst spielt der Text damit, dass er selbstgesetzte Separierungen unterläuft (so bezeichnet etwa die Gliederung von Kursus I und II in Beschreibung und Deutung nur eine Tendenz und keine starre Grenze). Verblüffend ist das »auf­fallend abrupt[e]« (von Kraus, S. 17) Finale, insofern es den zuvor überwiegend allegorisch geführten Minnediskurs mit seinen gleichsam realen Gegenstücken verrechnet – z. B. wird aus Minneschmerz und -tod ein von Minnehändeln bedingter Tod oder Schmerz –, was die Eindringlichkeit der Minnethematik empfindlich stört.

Florian Kragl

Kommentar veröffentlicht am 01.01.2016; zuletzt geändert am 14.08.2023.
Gehört zur Anthologie: Leich
 J WAlex 42 = KLD 1 VIIZitieren
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