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Gottfried von Neifen, ›Ich hoͤre aber die vogel singen‹
C Neif 69
IC Neif 69 = KLD 15 XVI 1
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 35vb
C Neif 70
IIC Neif 70 = KLD 15 XVI 2
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 35vb
C Neif 71
IIIC Neif 71 = KLD 15 XVI 3
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 35vb
C Neif 72
IVC Neif 72 = KLD 15 XVI 4
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 35vb
C Neif 73
VC Neif 73 = KLD 15 XVI 5
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 35vb

Kommentar

Überlieferung: unikal in C. Durch die regelmäßige Reimpunktsetzung fällt auf, dass der Binnenreim in Vers 4 in keiner Strophe durch Reimpunkt markiert ist.

Form: 4-a 4-a 1-a+4b / 1b+.3-c 4-c 1-c+4d // 4e 1e+.3-f 4-f 2d+.3x

Der Binnenreim fehlt in IV,10; in III,10 liegt er – eventuell ein Fehler (vgl. die Wortumstellung bei von Kraus) – auf der ersten Hebung statt auf der zweiten. In I,7, IV,2 und V,9 greifen Wörter am Versanfang (meige, Minne, munt) einen Reim ihrer Umgebung zusätzlich auf. Reime und Formulierungen wiederholen sich strophenübergreifend in II,6 und III,6 sowie III,7f. und V,7f. IV,9 weicht durch Hebungsprall von der regelmäßigen Alternation betonter und unbetonter Silben ab. Das »Vokalspiel der Waisen« (von Kraus, S. 110) im letzten Vers der Str. I–IV (-î, -ê, -â, -ô) hat von Kraus durch Konjektur auf die letzte Strophe (-û) ausgedehnt (vgl. zu dieser Versumstellung den Überblick über ältere Editionen bei de Jong, S. 174).

Inhalt: Motivresponsionen unterstützen neben der inhaltlichen auch die klangliche Struktur dieser formal auffälligen Minneklage.

Der erste Stollen des Natureingangs ist geprägt von dynamischen Naturvorgängen (singen, erklingen, dringen), der zweite von statischen Naturzuständen (was, hat), nämlich dem Gegensatz zwischen vergangenem leide (I,4) der personifizierten Heide und ihrer gegenwärtigen Blütenpracht. Ist mit jenem leide das Liebesthema angedeutet, stellt erst der Abgesang Natur (den beginnenden Mai) und Hoffnung des Ichs nebeneinander. Diese Natureingangs-Strophe wechselt zwischen persönlicher Perspektive (I,1f. und I,8–10, dabei allgemeine Anrede seht) und einer allgemeinen (I,3–7), die Str. II–V sind konsequent in Ich-Perspektive gehalten. Das Leitwort trost prägt Str. II; die Anrede an die Geliebte (II,6) und die personifizierte Minne (II,7) sowie die Frage nach dem Grund, aus dem die Dame dem Ich alse we tut (II,10), sind affektive rhetorische Mittel. Der trost wird in III als heil, gelu̍ke, selde unde ere (III,4) konkret benannt. Ursache der Minnewunde (vgl. III,3) und gleichzeitig – über den Kuss – Heilmittel ist dabei der rote[] munt (III,1/7). Die Anrede an die Dame aus II,6 wird in III,6 minimal modifiziert wiederholt, die vorherige Anrede an die Minne (vgl. II,7) ist in III durch Klageruf und Anrede des Mundes ersetzt (vgl. III,7–9). Erneut an die Minne wendet sich das Ich in IV,1–3, was hier den Strophenbeginn markiert; im Abgesang von IV bittet das Ich die Geliebte um Liebeserfüllung. Seine Hilflosigkeit wird im Aufgesang durch die Allmacht der Minne und ihre Liebesglut betont (vgl. IV,1–3) sowie durch die Macht der Dame, die dem Ich bereits heimlich ins Herz geschaut hat – eine Variante der im Minnesang gängigen Blickmetaphorik. Anschließend an diese Machtthematisierung stellt Str. V die Liebeserfüllung argumentativ schlüssig als Pflicht der Dame dar. Zentrales Motiv der Freude ist hier erneut der rote[] munt (V,7/9), ergänzt um das Lachen der Geliebten.

Simone Leidinger

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