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Ulrich von Winterstetten, ›Nement war, wie gar waz der meige vollenbraht‹ (C Wint 3 = KLD 59 Leich III)
C Wint 3
C Wint 3= KLD 59 Leich III
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 85vb
A
A
A
A
B
B
C
C
C
C
C
C
C
C
C
C
C
C
D
D
D
D
E
E
E
E
C
C
C
C
C1
C1
C1
C1
F
F
C1
C1
G
G
A1
A1
C1
C1
H
H
H
H
C1
C1
F
F
I
I
I
I
J
J
J
J
C1
C1
F
F
C2
C2
C1
C1
C3
C3
C3
C3
C4
C4
C3
C3
C3
C3
K
K
L
L
M
M
M
M
N
N

Kommentar

Überlieferung: unikal in C. Auffällig ist eine Nebenform der S-Majuskel in V. 35, 49, 103 und 111, die Pfaff als Korrektur von Schaft-s zu Majuskel-s versteht.

Form: Vgl. Leichschema. Es dominieren binnengereimte, schlagreimartig einsetzende einzeilige Versikel, die über den Leich hinweg in mehrfacher Abwandlung erscheinen, wobei seltenerweise auch zwei- oder mehrzeilige Versikel entstehen.

Am häufigsten ist der einzeilige C-Typus, der insgesamt drei Reimklänge aufweist, von denen die ersten beiden weiblich kadenzieren. Sehr ähnlich funktionieren die Typen A, D, G, H, I, M, N, ohne dass im Einzelnen klar unterschieden werden könnte zwischen Typus oder Variation des/eines Typus. In den Zweifelsfällen sind die Buchstaben des Schemas nach Hebungszahl vergeben (A: 6, C: 5, G: 8, H: 7, M: 4, jeweils inkl. Varianten). Mit Kreuzreim entsprechen einander mehr oder weniger exakt: D = AA, I = MM, N = AC. Von dieser Gruppe an Versikeltypen unterschieden sind Versikel aus zwei ebenfalls binnengereimte Langzeilen, deren Binnenreime aber nicht schlagreimartig einsetzen: F, L.

Unterbrochen wird dieses mehr oder weniger uniforme System von zwei Passagen (V. 79–90, 111–118) mit kurzversigen Versikeln (J, K), die sich auch rhetorisch vom übrigen Leich abheben.

Im Typus B sind alle Versikelvarianten kombiniert: eine locker, eine dicht, nochmals eine locker binnengereimte Langzeile sowie ein versikelschließender Kurzvers; ähnlich E, wo eine locker binnengereimte Langzeile und eine Kurzzeile aufeinander folgen.

Die Gesamttektonik des Leichs lässt – wenn man von diesen stegartigen Kurzverspassagen absieht – kein klares Aufbauschema (im Sinne großräumiger Wiederholungsstrukturen) erkennen, was vielleicht auch an der Uniformität der langversigen Versikel liegt; die Komposition wirkt im Wesentlichen reihend, was abermals der argumentativen Struktur entspricht. Einziges Gliederungssignal der Handschrift ist ein Paragraphenzeichen vor V. 45. Der Bau der Versikel hingegen scheint über weite Strecken bis ins Detail (z. B. Auftakte, ein- oder zweisilbige männliche Kadenzen) fein reguliert zu sein.

Kuhn, S. 102f. weist auf »Endendifferenzierung« (analog frz. vert und clos) durch Schlusskürzungen von Versikelhälften (z. B. V. 4 in B) hin, was den Leich dem Estampie-Typus annähere (vgl. Ulrichs Leich IV und V), wohingegen die lose makrostrukturelle Komposition – ähnlich wie bei Leich II – eher auf den französischen Lai-Typus zeige.

Inhalt: Minneleich mit Tanzschluss. Ein Natureingang mit Rückblick auf den Sommer (1–12) kippt in ein winterliches Szenario, das mit der Liebesnot des Ichs korreliert (13–24). Es folgen (in mehrfacher Verschränkung) Frauenpreis, Hoffnung auf trôst, Dienstbekenntnis und Gedanken über das Singen, meistenteils formuliert in direkter Anrede an die frouwe (25–70). Nach einer aus größerer Distanz (und ohne direkte Anrede an die frouwe) gesprochenen Reflexion über die Frauen, über diese Frau und über die Minne, auf deren Beistand das Ich hofft (71–91), kulminiert der Argumentationsgang in der Schwächung und in dem Schmerz, den das Ich durch die Minne erfährt; sie sind ausschlaggebend dafür, dass das Ich von seiner ›Meisterin‹ Minne wegstrebt (91–96).

Der Rest des Leichs scheint dieses Streben performativ umzusetzen (ab 97): Der Ton wird heiter, es geht um Vergnügen, namentlich um Reigen und Tanz in der Stube (es ist ja nun Winter), die Frauenschar wird in Form von Namen aufgerufen, das Ganze wirkt neidhartisch. Die zum Tanze auffordernden, aufgeregt gesprochenen Verse werden wiederum von einem distanzierteren, regieartigen Einschub unterbrochen (111–118), in dem das Ich den Tanz planend organisiert, ehe es wieder in den Modus des Anfeuerns fällt. Den Schluss markiert eine enigmatische revocatio der Tanzfreude, die argumentativ zum davor besprochenen Leid zurückführt; der Leich endet gleichsam offen (123–130, bes. 129f.).

Florian Kragl

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