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Ulrich von Winterstetten, ›Es ist niht lang, daz ich mit einer minneklichen frowen‹
C
C Wint 47 (41)
IC Wint 47 (41) = KLD 59 XI 1
C Wint 48 (42)
IIC Wint 48 (42) = KLD 59 XI 2
C Wint 49 (43)
IIIC Wint 49 (43) = KLD 59 XI 3
C Wint 50 (44)
IVC Wint 50 (44) = KLD 59 XI 4
C Wint 51 (45)
VC Wint 51 (45) = KLD 59 XI 5

Kommentar

Überlieferung: unikal in C.

Auf Kosten des Schreibers geht wohl die mehrfache Unsicherheit beim Dativ und Akkusativ des Personalpronomens der zweiten Person Pluralis (iu versus iuch): Im ausgeschriebenen Refrain der ersten Strophe (I,11) steht (richtiges) iu, das Incipit desselben Refrains zu Strophe III hingegen hat (falsches) iuch.

Form: Kanzone mit Refrain. Metrisches Schema:

.7-a .4b .3-c / .7-a .4b .3-c // .6d 4d 4e 7e //R .2f .2f .3-g 4h 4h 5-g

In V,1. 4 ist das Schema evtl. um einen Binnenreim erweitert.

KLD zieht V. 11f. mit Binnenreim zusammen, vermutlich nach Vorbild von V. 14f. Angesichts der sehr unterschiedlichen Zeilenlängen (auch der jeweils folgenden Verse 13 bzw. 16) scheint mir diese Annahme nicht zwingend zu sein.

Der Ton fällt nicht nur durch seine Länge, sondern auch durch seinen Variantenreichtum in Zeilenlänge und Refrainstruktur auf: Der Refrain wechselt zwischen drei Varianten (über die fünf Strophen: ABABX), wobei die dritte und sechste Refrainzeile (V. 13 und 16) über die Strophen hinweg Kornreime bilden. Weitere Responsionen sind: I,3. 6 zu V,1. 4, I,9f. zu V, 2. 5, I, 14f. zu V,6, II,9f. zu IV,7f., III,2. 5 zu V,11f.

Die Alternation ist überwiegend regelmäßig, an einigen Stellen wäre Regelmäßigkeit leicht herzustellen (gegen > gên/gein, I,16, detto V,4. 6, red’, II,1, d’iu, II,10, sist, II,15, mangen, III,1, dienest, IV,2, jâ ’nbin, V,7), selten blieben zweisilbige Senkungen (I,4. 13, IV,1, V,11), in V,16 ist das so dem Metrum überschüssig.

Inhalt: Gesprächslied mit narrativer Rahmung. Das (erzählende und sprechende) Ich erklärt einer Frau seine Liebe (I), doch weist diese ihn ab, weil sie der Ansicht ist, dass er seine Liebe vielen Frau antrage, auch wisse sie, welche er wirklich liebe (II). Das Muster wird nochmals wiederholt, nun ist seine Liebeserklärung um einen Frauenpreis (III), ihre Ablehnung aber um das Argument ergänzt, dass auch jene, die er – nach ihrem Ermessen – wirklich liebt, von ihm, dem Schmeichler, nichts wissen möchte (IV). Damit rücken die sprechende und diese imaginierte Frau (oder überhaupt alle Frauen) eng zusammen, was die Not des Ichs implizit potenziert. Die Schlussstrophe wiederholt die Argumente und auch die Sprecherfolge der ersten vier Strophen (Mann – Frau – Mann – Frau) nochmals, wobei seine Bitten und Beteuerungen deutlich kürzer ausfallen als ihre Reaktionen. Am Ende geht sie.

Die narrative Rahmung im Modus der Ich-Erzählung, die über bloße Inquit-Formeln hinausgeht, stärkt seine Behauptung, dass er sie liebe, weil diese auf Erzählerebene gehoben wird. Ihre (so besehen) Fehleinschätzung sowie die in Strophe IV latente Projektion dieser Haltung auch auf die andere(n) Frau(en) nähren ein tragisches Dilemma. Dieses wird unterlaufen möglicherweise von der generellen Unzuverlässigkeit des Ich-Erzählens (auch narrative Ich-Rede ist nicht auktorial), in jedem Fall aber davon, dass das Ich das Gespräch einleitend als ›höfisches Geschwätz‹ qualifiziert (I,2). Dass die Frau diese klaffe (II,6) in direkter Rede aufgreift, möchte das Gespräch auf halber Höhe halten zwischen Liebeshandeln und Liebesdiskurs, auch gewinnt das Lied davon (sowie durch Wörter wie goͮchgovolt) eine ernste Heiterkeit.

Cramer, S. 183 begreift das »Gegeneinander und Miteinander von Männer- und Frauenrefrains«, die »einander dementieren«, als die Produktion einer »ästhetische[n] Einheit«: »Wahrheit ist nicht eine Eigenschaft der Sprache an sich, sondern stellt sich her durch ihren Kontext und durch das, was man von Sprache erwartet.« Ähnlich Laude, S. 15: »Hier wird liedintern durchgespielt, was geschieht, wenn man den Spielcharakter des Minnesangs, sein Als-ob, außer acht läßt: [...] sehr schnell steht man dann vor der Frage, wie ernst denn das Liebeswerben gemeint sein könne, wenn der Sänger es immer wieder und immer wieder auch vor neuen Ohren vorträgt.«

Intertext: von Kraus, S. 581 begreift »das ausgezeichnete Lied« als thematische Adaptation von Walthers Lied C Wa 250–253.

Florian Kragl

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