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Der Kanzler, ›Du̍ milte dem adel wol an stat‹
C
C Kanz 75
IC Kanz 75 = KLD 28 XVI 18; RSM ¹Kanzl/5/18
C Kanz 76
IIC Kanz 76 = KLD 28 XVI 19; RSM ¹Kanzl/5/19
C Kanz 77
IIIC Kanz 77 = KLD 28 XVI 20; RSM ¹Kanzl/5/20

Kommentar

Überlieferung: Die drei Strophen sind unikal in C tradiert, sie beschließen dort das Kanzler-Korpus und die Handschrift insgesamt. Dass in Str. II zwei Verse fehlen, ist wohl einem Versehen des Schreibers geschuldet, der, »verwirrt durch die Anfangsanaphern, ein Zeilenpaar ausgelassen« hat (Zach, S. 192).

Form: .4a .4b .4c .3d / .4a .4b .4c .3d // .4e .5-f .4e .5-f / .4g .5-h .4g .5-h,
Tonkommentar.

Das metrische Schema variiert in Str. I in V. 4/8 in der Kadenz: .3-d. I,14 ist überfüllt.

Inhalt: Drei Begriffsexplikationen, die mit einer Anhäufung von Anaphern arbeiten.

Str. I gilt der milte: Diese könne jeden Menschen auszeichnen, dadurch Schande von ihm fernhalten und ihn zu hohem Ansehen führen. Außerdem sei, so der Strophenschluss (I,13–16), der Mensch zur Mildtätigkeit auch geradezu verpflichtet, weil ihn gotes milte (I,14) zum Herrn über die Schöpfung bestimmt habe. Ein formales wie inhaltliches Vorbild könnte die Strophe in Konrads von Würzburg milte-Definition in C KonrW 48 haben; deutlich davon unterschieden ist jedoch der Strophenschluss beim Kanzler, in welchem im Rahmen »der allgemeinen Anrede an den Menschen [...] der Autor aus der Rolle des darstellenden Erzählers, der Beispiele aufzählt, heraus[tritt] und [...] zum mahnenden Sprecher [wird]« (Zach, S. 191).

Str. II widmet sich dem Gegenstück der soeben verhandelten Freigebigkeit, dem Geiz, der alle Menschen, die ihm verfallen seien, entwürdige und entehre (II,9f.). Außerdem bewirke er den Verlust göttlicher Gunst und Gnade (II,4). Die Verteilung der Anaphern scheint, soweit es sich anhand der Überlieferungslücke rekonstruieren lässt, mit derjenigen in der Vorgängerstrophe übereinzustimmen.

Str. III schließt mit der Warnung vor Neid, der ihr als Grund allen Übels gilt: Er sei schlimmer als Gift, störe den Frieden, wende Gutes ins Gegenteil. Für den Engelssturz sei er genauso verantwortlich wie für die Ermordung Abels (der erste mort, III,6); außerdem verbinde er sich mit anderen Lastern und Sünden, etwa mit dem Geiz, der Untreue, dem Hass. Den Neidern, so resümiert der Schlussvers der Strophe in einer »abschreckende[n] Sentenz« (Zach, S. 196), stehe deshalb ihre Bestrafung in der Hölle bevor.

Stephanie Seidl

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