Es gilt als gesichert, dass Eberhard von Sax »Sohn des Ulrich, aus der Rheintaler Linie der Freiherren von Sax-Hohensax« (Wehrli-Johns) ist. Damit ist der Dichter höchstwahrscheinlich identisch mit dem 1309 in und bei Zürich bezeugten bruoder Eberhart von Sax, Predier ordens und gehörte als solcher dem dortigen Dominikanerkloster an (zum Dichter vgl. ferner Hahn sowie Jahn).
Der Codex Manesse weist Eberhard ausdrücklich als Predigermönch aus: Unter Bruͦd͛ Eberhart vō Sax (Bildüberschrift fol. 48v) bzw. Bruͦder Eb͛hart vō Sax· ein Bredier (Textüberschrift fol. 49r, davor zwei Buchstaben, vermutlich Bv, getilgt) überliefert C unikal einen 20 Strophen umfassenden Marienpreis sowie den Beginn einer weiteren Strophe mit ebenfalls religiöser Thematik. Geschrieben von Schreiber Es bilden die Strophen das Ende der V. Lage (vgl. Henkes-Zin, S. 33); die darauffolgenden zwei Blätter sind frei. Die stilistische Gestaltung des Marienlobs und insbesondere das Aufgreifen der Schmiede-Metaphorik in der ersten Strophe können als Vorbild auf Konrad von Würzburg verweisen (vgl. Hahn, Sp. 287); die fragmentarisch gebliebene Einzelstrophe ist vermutlich in Konrads Ton 32 verfasst. Tongleich mit dem Marienpreis sind drei Strophen am Ende des Korpus’ Ulrichs von Liechtenstein (C Liecht 321–323), welche daher in der Forschung ebenfalls Eberhard von Sax zugesprochen werden (so etwa Brunner, S. 141).
Die Miniatur zeigt Eberhard in der Ordenstracht eines Dominikaners (weißes Kleid mit schwarzem Mantel) mittig vor einem Marienaltar kniend (damit ist er neben Heinrich von der Mure der einzige Dichter im Codex Manesse, der als Mönch dargestellt wird). Das Schriftband in seinen zum Gebet erhobenen Händen ist beschrieben mit:
Dirre krāke preſāt· vrowe ſi dir geſant· empfahe in vō mir
fu̍r guͦt· dur dinē tugētlichē muͦt· iem͛ ſi vō dir bewart·
vō Sax bruͦd͛ Eb͛hart
(Wobei das m in mir am Ende der ersten Zeile einen Schaft zu viel aufweist und die letzte Zeile unter dem Spruchband steht.) Eberhard widmet seine Lyrik also als bescheidene Gabe der Muttergottes. Die rahmende Architektur sowie die Kerze auf und die Ampel über dem Altar deuten einen Kirchenraum an; die mittige Fiale oben ist umgeben von den Buchstaben K (spiegelverkehrt links) und R (rechts), welche »bisher (unbefriedigend) als Monogramm Christi gedeutet« (Walther, S. 43) wurden. Wenzel, S. 56, bekräftigt dies: Sie sieht in ihnen die griechischen Anfangsbuchstaben des Namens Christus (XP), »so dass – durch das Architekturelement quasi ›zerdehnt‹ – ein durchkreuztes P dargestellt ist«.
Die auf dem Altar sitzende Marienfigur sowie das Kind in ihren Armen sind mit einem Nimbus versehen; Maria ist dem Kind, welches seine Arme kreuzförmig ausbreitet, zugewandt, gleichzeitig richtet sich ihr Blick auf den knienden Mönch. Hinter Eberhard, diesen anblickend, steht ein weiterer Mönch, dessen Gesten zeigen, dass er ebenfalls am Geschehen beteiligt ist. In ihm sieht Wenzel, S. 59, eine Randfigur, die »gestisch einen Stiftungsakt zur Sicherung des Heils« präsentiert.
Eberhards Schild ist von Rot und Gold gespalten und trägt damit das Wappen des freiherrlichen Geschlechts von Hohensax (vgl. Weigand); der goldene Helm darüber trägt einen Schmuck in Gestalt eines schwarzen Bären mit roter Zunge. Wappen und Helmschmuck sind identisch mit denen, die in der Handschrift Heinrich von Sax (Eberhards Onkel) zugeordnet werden.
Als Widmungs- und Gebetsbild setzt Walther, S. 43, die Miniatur in Verbindung mit den Stifterbildern der Buch- und Glasmalerei und vermutet, »daß Eberhard nicht nur als Dichter seines Marienlobs, sondern vielleicht auch als Auftraggeber dieses Bildes dargestellt wird«. Sillib, S. 24f., erwägt die Möglichkeit, dass Eberhard mit dem ersten Nachtragsmaler der Heidelberger Liederhandschrift, Eberhart pictor, 1296 in Konstanz nachgewiesen, identisch sein könnte – eine These, die Jammers, S. 94f., bekräftigt und ausbaut: Er hält es für »höchstwahrscheinlich«, dass Eberhard nicht (nur) Auftraggeber, sondern »der Maler seines Bildes selber war« (S. 95). Mit Verweis auf den genauen Wortlaut der Urkunde (Ebernant statt Eberhard, vgl. Landesarchiv Baden-Württemberg, Bd. 10, S. 535f.) widerspricht Schiendorfer, S. 414f., dieser These. Jammers hebt ferner Parallelen des Bildes zu Adventsbildern mit Ad te levavi-Darstellung hervor und sieht in der mit einer Widmung versehenen Eingangsminiatur Eberhards ein persönliches Dedikationsbild.
Sandra Hofert
Überlieferung: Der Hofton ist der produktivste, d.h. in diesem Fall: der am umfassendsten tradierte und rezipierte Spruchton Konrads. Im Konradkorpus von C ist er mit 23 Strophen überliefert, zwei zusätzliche, als echt eingestufte Strophen finden sich, neben Parallelüberlieferung, in J. Verhandelt wird ein breites Spektrum an religiösen, tagespolitischen und moraldidaktischen Themen, die sich darüber hinaus einer kunsttheoretischen Reflexion öffnen können. Gerade die geistlichen Strophen des Hoftons sind schon früh verhältnismäßig breit tradiert worden (vgl. dazu Miedema sowie die Kommentare zu C KonrW 94, 95, 97 ). Eine erste Übernahme des Tons findet sich, mit leichter rhythmischer Variierung, bereits in C: im Korpus des Alten Meißner und im denjenigen Eberhards von Sax (dazu Brunner, S. 74, Anm. 98 und Rettelbach, S. 138f.) In den Meisterliederhandschriften sind in insgesamt acht jüngeren Barbildungen altüberlieferte Strophen des Hoftons Konrads erhalten; aufgegriffen werden dabei neben den geistlichen Strophen gerade auch die Tugendlehren und Konrads Kunstreflexion.
Form: .7-a .7-a (.)3-a+.4b / .7-c .7-c (.)3-c+.4b // (.)8*7d (.)4d+.3-e / .7-e .7-e (.)3-e+.4b
Kanzone mit drittem Stollen, der in den beiden ersten Versen und im Binnenreim des dritten an den Steg, im Schlussvers an diejenigen der Stollen des Aufgesangs anreimt.
Die vorliegende Edition geht mit Brunner, S. 74f., davon aus, dass aus strophensymmetrischen Gründen die Schlussverse der Stollen sowie der zweite Vers des Stegs als binnengereimte lange Zeilen anzusetzen sind (unter Einbezug der Melodie in J plädiert dafür bereits Pickerodt-Uthleb, S. 497). Gestützt wird diese Annahme durch etliche nachträglich gesetzte oder fehlende Reimpunkte in C, die dafür sprechen, dass zumindest der Schreiber dieser Handschrift von einem zusammenhängenden langen Vers ausgegangen ist (s. etwa C KonrW 95, V. 11; C KonrW 105, V. 6, C KonrW 107, V. 6, C KonrW 108, V. 6).
Weiterentwicklung der Form: Die jüngere Tonform der Meistersingerhandschriften generalisiert die Setzung des Auftaktes. Bereits beim Alten Meißner findet sich eine Veränderung des Reimschemas durch die Hinzufügung weiterer Zäsurreime; der späte Meistersang setzt dann generell Langzeilen mit Zäsurreimen an (vgl. dazu Rettelbach, S. 139–141).
Melodie: Die älteste, in J erhaltene Melodie hat folgende Struktur (nach Brunner, S. 79): αβ.γα1δ.δε. / αβ.γα1δ.δε. // α1β1. α2β2. / αβ.γα1δ.δε. k überliefert eine sowohl im Modus wie in der melodiösen Ausgestaltung deutlich davon unterschiedene, weniger melismatische Melodie, vgl. dazu Arlt, S. 79–82, Rettelbach, S. 84f.
Stephanie Seidl
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