Autor
Die Identität des Dichters ist unsicher. Angenommen wird eine Schaffenszeit im späteren 13. Jh.; seine Lokalisierung in der Schweiz bleibt offen. Zapf, Sp. 322, sieht in dem Namen eine typische Bezeichnung für einen fahrenden Sänger; Bumke, S. 44, vermutet in ihm einen nom de guerre. Kornrumpf, Sp. 1102, erwägt, ob sich Reinmars von Zweter Sagt an, her gast ... (RZ 102, V. 7) auf den Dichter Gast beziehen könnte. Vermutlich ist er identisch mit dem in den Meisterliedkatalogen von Hans Folz, Konrad Nachtigall und Valentin Voigt genannten Kunz Gast (vgl. Brunner, S. 16, 22, 26; Kornrumpf, Sp. 1104).
Überlieferung und Werk
Der Codex Manesse überliefert ohne Miniatur ein zweistrophiges Korpus unter dem Namen gast (vorgeschrieben in kleiner Schrift am oberen Blattrand auf fol. 358r). Geschrieben vom Nachtragsschreiber GS bilden die Strophen das Ende der 32. Lage, eingeordnet nach Süßkind von Trimberg (vgl. Henkes-Zin, S. 18, 36). Unter ſu̍ſßkind steht das zweistrophige Lied in der Zürcher Sammelhandschrift z2 (»wohl abhängig von C, wo die Sprüche Süßkinds von Trimberg unmittelbar vorangehen« [Kornrumpf, Sp. 1102]). Daneben tradiert die Niederrheinische Liederhandschrift N anonym die in C sowie z2 erste Strophe als Einzelstrophe. Diese erste Strophe greift auch die Kolmarer Liederhandschrift k auf, variiert allerdings den Ton, ergänzt zwei weitere, dort unikal überlieferte Strophen und überschreibt das dreistrophige Lied mit der Tonzuweisung Jn wolframs guldin tone vō eſchelbach. »Die Übertragung der Tonautorschaft erklärt sich möglicherweise aus dem einzigen weiteren Text dieses Tons aus vorreformatorischer Zeit, dem Meisterlied ›König Artus’ Horn‹ [RSM: 1Wolfr/2], das u. a. in einer ›Parzival‹-Hs. [Hamburg, Staats- und Universitätsbibl., Cod. germ. 6, S. 2–4] überliefert wird« (Kornrumpf, Sp. 1103) und damit in der Nähe zu Wolframs Werk steht.
Vor diesem Hintergrund lassen sich zwei Fassungen ausmachen: Während die CNz2-Fassung ein Frage-Priamel darstellt mit dem Schluss, dass ein ungerecht richtender König noch nutzloser ist als alle zuvor genannten Stände (in N fehlt diese Pointe), ist das dreistrophige Lied in k stärker religiös geprägt: Der Sprecher beklagt den Verfall der Welt und ruft dazu auf, die ›goldene Zeit‹ wieder herzustellen.
Sandra Hofert