Autor
Der Sängername her Friderich der knecht aus C (fol. 316v) lässt sich kaum mit einer historischen Gestalt verbinden. Zwar hat bereits Friedrich Heinrich von der Hagen einen Bezug zu einem fridericus puer in einer Regensburger Urkunde von 1213 hergestellt, und man hat auch darauf verwiesen, dass Knecht bereits im (späten) Mittelalter als Familiennamen belegt ist (Kluckhohn, S. 154 mit Anm. 6); doch handelt es sich bei dem Namenszusatz ›Knecht‹ wohl eher um eine Art Werksignatur, zumal er sich schon in den Liedern findet: also leb ich freudeloser kneht (C Knecht 11,10), Liebe froͤideloser kneht (C Knecht 12,1), froͤlichen sol der kneht / hu̍re aber reigen (C Knecht 19,10f.).
Die Selbstbenennung als Knecht ist mehrdeutig, da mhd. kneht neben ›Knecht‹ auch ›Knappe‹ und ›Ritter‹ bedeutet. C führt Friedrich als ›Herren‹, der Illuminator hat ihn als Ritter in Szene gesetzt – er verteidigt eine Frau mit dem Schwert –, ihn dabei freilich mit einem sonst nicht belegten Wappen versehen. Ob es sich bei ihm tatsächlich um einen Adeligen oder doch um einen Fahrenden gehandelt hat, ist allerdings strittig. Letztere Annahme könnte sich vor allem auf die Einforderung von milte (C Knecht 16,7) und die Eigenwerbung stützen, als die sich der Einbau des Namens in die Lieder ja auch auffassen lässt. Da einige der Texte, die in C unter Friedrich dem Knecht stehen, sich stilistisch an Neidhart anlehnen, wäre es schließlich auch denkbar, dass kneht eine bäuerliche Autormaske darstellte. Eine weitere Möglichkeit wäre es, dass sich der Name der Erfindung eines Redaktors verdankt, der, unter dem Zwang der Systematik der (Autor-)Sammlung stehend, ein anonym überliefertes Korpus mit einem Namen versehen hat, den er (teilweise) den Liedern selbst entnommen hat.
Einige Reime deuten auf eine bayerische oder österreichische Herkunft des Autors hin. Bezöge sich die Polemik in A Gedr 3 et al. gegen einen kneht mit dem Namen Friderich auf den Autor, könnte dieser mit dem dort genannten Ort Mergersdorf in Verbindung gebracht werden, hinter dem Merksdorf in Niederösterreich vermutet wird. Freilich nennt die Gedrut-Geltar-Strophe neben Friedrich noch zwei weitere Namen, was für Dichterpolemiken höchst ungewöhnlich wäre und besser zu einer Reihe von Dörpernamen passte. Ähnlich unsicher wie die Lokalisierung ist die Datierung. Wenn man den Urkundenbeleg von 1213 verwirft, fehlen zu Friedrich dem Knecht historische Daten. Die intertextuellen Bezüge erlauben es immerhin, sein Wirken zeitlich grob einzuordnen, und zwar in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts.
Überlieferung
C überliefert unter Friedrich dem Knecht 21 Strophen (fol. 317r/v), die zu sechs Liedern zusammentreten. Derselbe Textbestand findet sich in A (fol. 37v–38v), sodass eine gemeinsame Vorlage *AC anzusetzen ist. A schlägt die Lieder allerdings Leuthold von Seven zu. Da das Leuthold-Korpus in A mehrheitlich Texte enthält, die andere Handschriften so unterschiedlichen Autoren wie Dietmar von Aist oder Walther von der Vogelweide zuschreiben und da deren Zuschreibungen durchaus plausibel wirken, wird man eher C folgen, auch wenn ein Autor ›Friedrich der Knecht‹ historisch kaum zu greifen ist. Das zweistrophige Knecht-Lied ›Die liehten liebe suͤze tage reine‹ (C Knecht 5f.) ist außerdem Teil eines fünfstrophigen Neidhart-Liedes (C Neidh 227–231). Die Richtung der Entlehnung ist hier offen, auch wenn die Formanalyse eher für eine Erweiterung als eine Kürzung spricht (siehe den entsprechenden Kommentar); in jedem Fall bestätigt sie die intertextuellen Bezüge zwischen Friedrich dem Knecht und Neidhart.
Werk
Das erste (C Knecht 1–4), das vierte (C Knecht 13f.) und das sechste (C Knecht 20f.) der sechs Knecht-Lieder sind dem Konzept der Hohen Minne verpflichtet, das fünfte (C Knecht 15–19) steht mit seinen gesellschaftskritischen Akzenten in der Tradition Walthers von der Vogelweide, das zweite (C Knecht 5f.) und dritte (C Knecht 7–12) orientieren sich an Neidhart. Im minneparodistischen Gestus hat man außerdem eine Bezugnahme auf den Tannhäuser ausmachen wollen (Mohr, S. 73). So ruft das schmale Werk die wichtigsten Register liebeslyrischen Sprechens der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ab. Sieht man von einer Trutzstrophe (C Knecht 12) ab, überwiegt die männliche Ich-Rede. Entsprechend bleibt auch das Gattungsspektrum auf die Minneklage beschränkt. Dazu passt die Verwendung der Stollenstrophe, die nach der Beobachtung von Touber, S. 192, in den ersten vier C-Liedern ähnlich gebaut ist. Nur das Lied C Knecht 20f. verwendet die Reienstrophe (siehe den entsprechenden Kommentar).
Manuel Braun