Autor
Über den Autor Ulrich von Munegiur ist kaum etwas bekannt, urkundlich tritt er nicht in Erscheinung. Das in den Handschriften überlieferte Wappen gibt keinerlei Aufschluss über die Herkunft des Dichters. Sprache und Überlieferungssituation deuten jedoch darauf hin, dass die Lyrik Ulrichs von Munegiur wohl in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im oberdeutschen Raum entstanden ist (vgl. de Boor, S. 317). B und C führen zwei Namensformen an, nämlich von Munegu̍r bzw. von Munegur, wobei B noch den Vornamen Ulrich nennt. Wallner will in dem sonst nicht nachweisbaren Namen gar ein Anagramm Heinrichs von Morungen erkennen (vgl. Wallner, S. 490).
Überlieferung
Das kleine Korpus Ulrichs von Munegiur ist in B und C überliefert, lediglich C Muneg 1-2 steht unikal in C. In C steht Ulrich von Munegiur im zweiten Untersegment von Grundstock B und reiht sich damit in einen relativ festen Textblock ein, der auch in B zu finden ist, dessen Entstehung zeitlich jedoch nicht genau einzuordnen ist (vgl. Henkes-Zin, S. 35, 38).
Die Miniatur zeigt in beiden Handschriften ein Botenbild. In C reicht ein höfisch gekleideter Sänger, der auf einer reich verzierten, goldenen Bank sitzt, einem Boten ein Schriftband. Ausgewiesen ist der ritterliche Dichter, der ein purpurnes Gewand trägt, durch seine Attribute: das Schriftband, die Bank und das auffallend detailliert dargestellte Schwert am rechten Bildrand. Oberhalb der Szene sind Helm und Wappen abgebildet. In B ist lediglich die Farbgestaltung abweichend (Gold, Blau, Silber in C; Rot, Weiß, Schwarz in B); außerdem fehlt hier das Schwert.
Auffällig ist, dass in der Manessischen Handschrift die ersten vier Strophen mit der selben blauen Initalfarbe beginnen; evtl. ist die Tinte bei C Muneg 3-4 etwas heller. Henkes-Zin, S. 156, weist darauf hin, dass es sich hier wohl um einen Fehler des Illuminators handelt, der das Notazeichen übersehen haben könnte. Das legt nahe, dass hier also nicht von einer alternativen Liedeinheit zu B auszugehen ist.
Der beinahe gleiche Wortlaut der beiden Handschriften wird vor allem an den Stellen aufgebrochen, an denen B vom strengen formal-metrischen Schema von C abweicht. Die Varianz von metrischen Ungenauigkeiten entsteht dabei vor allem durch Auslassung bzw. Hinzufügung von füllenden, meist nicht sinntragenden Wörtern (vgl. Henkes-Zin, S. 156).
Werk
Das Korpus umfasst insgesamt nur neun Strophen, die sich zu drei Liedern in Kanzonenform gruppieren: zwei zweistrophige Minneklagen und ein fünfstrophiges Dialoglied. Alle drei Texte sind thematisch sehr eng gefasst, wobei der Gegensatz von Freude und Leid stark in den Vordergrund tritt.
Während das Ich im ersten Lied (C Muneg 1-2) den Verlust seiner Freude beklagt und in seiner Verzweiflung Gott um Gnade bittet, wird im zweiten (C Muneg 3-4 et al.) der vergebliche Dienst gegenüber der Dame thematisiert. Im Dialog schließlich (C Muneg 5-9 et al.) bittet das Ich seine Dame direkt um Erhörung. Diese jedoch will ihrem Minnediener lediglich gewähren, was für sie schicklich ist – und nicht, was ihm sein Leid in Freude verkehren würde. So erweist sich die Minne letzten Endes als unerwidert. Das Ich selbst muss im Leid verharren, während es seiner Dame Freude gönnt.
Von Kraus sieht in den drei Liedern einen Miniaturzyklus, der sich gerade durch die Zusatzstrophen in C zu einem Gesamtbild zusammenfüge. Unterstützt wird diese These seiner Meinung nach durch die starke inhaltliche Verknüpfung sowie auftretende Reimresponsionen (vgl. von Kraus, S. 305f.). Ob bei einem so kleinen Korpus tatsächlich vom Prinzip der Concatenatio ausgegangen werden kann, ist schwer zu beurteilen.
Kurt Halbach ordnet das Werk des Dichters in einen noch größeren Kontext ein: »Der höchst sympathische Dilettant Uolrich von Munegur [...] versteht es, auf ebenbürtige, aber besonders nobel-dezente Weise, Johansdorf-Walthersche Scherzo-Spritzigkeit im von ihnen geerbten [...] Minne-Dialog noch einmal erklingen zu lassen [...] und zugleich doch den strengen Reinmarischen Entsagungs-Stoizismus Hoher Minne aufs Höchste zu treiben [...].« (Halbach, Bd. 2, S. 94).
Simone Lahn