Autor
Der Dichter ist vermutlich identisch mit einem im 13. Jh. urkundlich bezeugten Namensvertreter aus der Familie derer von Tettingen, einem Ministerialengeschlecht der Abtei Reichenau mit Stammsitz in Alt-Dettingen (bei Konstanz). Einen Überblick über die in der Forschung erwogenen historischen Namensvertreter gibt Schweikle, S. 892f.
Überlieferung und Werk
Unter Heinrich von Tettingen (rubrizierte Bildüberschrift auf fol. 361r) überliefert der Codex Manesse zwei Lieder mit insgesamt sieben Strophen. Als Teil der XXXIII. Lage gehören sie zum Grundstock-Segment C (vgl. Henkes-Zin, S. 36).
Die Miniatur zeigt den Dichter als einen Gefangenen: Ungerüstet und mit gefesselten Händen sitzt er auf einem sattellosen Pferd (oder Esel?). Er wird von zwei reitenden Männern links und rechts von ihm, die mit Lanze und Armbrust unritterliche Waffen tragen, abgeführt. Sein Bartansatz deutet vielleicht an, dass er schon länger in Gefangenschaft ist. Eine historische Deutung der Szene erwägt Walther, S. 242. Wallner, S. 509, leitet die Motivwahl aus dem Dichternamen ab (têtigen = tagedingen swV. ›über einen Gericht halten‹ [vgl. Le II, Sp. 1388]). Das Wappen zeigt eine silberne Sichel mit rotem Griff auf goldenem Grund und entspricht damit nicht dem historisch bezeugten Wappen der Familie, welches geteilt und zweimal gespalten ist von Gold und Schwarz (zum Wappen vgl. Stiefel-Bryner). Zwei Sicheln bilden auch das Zimier des rechts oben dargestellten Helms.
Die beiden Lieder sind inhaltlich sowie formal konventionell: Das erste Lied aus drei daktylischen Stollenstrophen ist eine Minneklage, wobei die erste Strophe sprachspielerisch 14 Mal Formen von lieb wiederholt. Das zweite Lied aus vier isometrischen Stollenstrophen setzt mit einem frühlingshaften Natureingang ein und gibt ebenfalls eine Minneklage.
Sandra Hofert