Autor
Der Dichter wird identifiziert mit Walther III., geboren um 1220, gestorben 1284 in Basel, aus dem Freiherrengeschlecht von Altenklingen. Er lebte lange in Klingnau bei Waldshut, zog später nach Straßburg und starb schließlich in Basel. Die Urkunden bezeugen seine Tätigkeiten als Förderer verschiedener Klöster und Gründer des Klosters Klingental, welches 1274 nach Basel verlegt wurde. Als Vertrauter von König Rudolf I. von Habsburg begleitete er ihn auf zahlreichen Reisen. Dass Walther von Klingen seine Tochter Herzelaude »wohl nach Herzeloyde, der Mutter Parzivals« (Bärmann, S. 283), benannt hat, lässt auf seine literarische Affinität schließen. Die These jedoch, Walther von Klingen sei zentrale Figur eines regionalen Sängerkreises, ist nicht verifizierbar (vgl. dazu Schiendorfer, Sp. 648, sowie Schiendorfer; siehe dazu auch die Überlegung, ob die Preisstrophe des Dichters von Wengen, C Weng 5, auf Walther von Klingen oder seinen Vater Ulrich zu beziehen ist).
Überlieferung und Werk
Der Codex Manesse überliefert unter Her Walther von Klingen (rubrizierte Bildüberschrift auf fol. 52r) unikal 32 Strophen (= acht Lieder mit variierender Strophenzahl). Mehrere handschriftliche Lücken machen es wahrscheinlich, dass Strophen nachgetragen werden sollten, die Lieder ab Lied 5 also eventuell unvollständig sind. Das Korpus, geschrieben von Schreiber AS, ist Teil des Grundstock-Segments B und eröffnet die VI. Lage (vgl. Henkes-Zin, S. 34).
Wie in der Miniatur Heinrichs von Frauenberg zeigt die Darstellung Walthers von Klingen den Dichter bei einer ritterlichen Tjost. Der linke Reiter wurde bereits am Kopf getroffen und ist im Begriff, von seinem sich aufbäumenden Pferd zu stürzen. Der rechte, siegreiche Ritter führt als Wappen einen silbernen Löwen in einem schwarzen Feld mit goldenen Schindeln (historisch bezeugt als das Wappen des Thurgauer Freiherrengeschlechts Altenklingen, vgl. Herdi, S. 505); seinen Helm zieren zwei mit Pfauenfedern bestückte Beile. Das Geschehen wird von fünf Damen beobachten, die von oben von einer Zinne herabblicken, wobei die beiden linken mit Gestik und Mimik dem fallenden Ritter, die drei rechten dem siegreichen zugeordnet sind.
Alle acht Lieder sind Kanzonen. Die Lieder 1 bis 5 und 8 bestehen aus siebenversigen Strophen, zusammengesetzt aus überwiegend auftaktlosen vier- und fünfhebigen Versen, wobei sie vierversige, kreuzgereimte Aufgesänge aufweisen. Die Lieder 1, 4, 5 und 8 sind zudem mit nur zwei Reimklängen durchgereimt, was auf romanischen Einfluss hindeuten könnte (s. insbesondere das vierte Lied, C WaKling 16–21, für das Unlandt eine Chanson Conons de Béthune als Vorbild vermutet). Immer wieder finden sich Wortwiederholungen, Alliterationen und Assonanzen (z. B. die Häufung des Lexems minne in den Liedern 1, 2 und 6). Inhaltlich bewegen sie sich im konventionellen Rahmen des Hohen Sangs. Die ersten fünf Lieder setzen mit einem Natureingang ein (in Lied 1 auf einen Vers reduziert), wobei die Klagen durch die Verbindung mit Wunsch und Hoffnung tendenziell aufs Positive gerichtet scheinen. Die Lieder (2, 3,) 5, 7 und 8 sind allgemeine Minnelieder bzw. allgemeiner Frauenpreis: Hier gilt der Preis nicht nur einer individuellen Geliebten, sondern der Sprecher richtet sein Lob an das Kollektiv des tugendhaften Frauen.
Sandra Hofert