Überlieferung: Die Sangspruchstrophe ist unikal im anonymen Freidank-Anhang in H überliefert als eine von sieben zusammengestellten Strophen gleichen Tons.
Form: .4a .3b .3c / .4a (.)3b .3c // .4d (.)4d (.)4+(.)3-e (.)4+.3-e (Der Junge Spervogel, Ton I)
Inhalt: Über Reichtum, Armut und Zufriedenheit.
Drei Worte treiben die Welt an: Es war, ist oder wird. Anders als etwa in Freidank 22,12–15, wo das Bedenken dieser drei dinc, des Gewesenen, des Seienden und des Werdenen, als gut (für das Seelenheil) gilt (im Sinne eines Gedenkens an die Gottgemachtheit und Sterblichkeit des Menschen), legen die folgenden Verse hier ein etwas anderes Verständnis nahe: Wem das genügt, was er hat (vielleicht: wer also das ›Ist‹ akzeptiert, ohne ggf. ein ›Gewesen‹ zu bedauern oder auf ein ›Werden‹ zu hoffen), der ist auch ohne Schätze reich. Glücklich der, dem es an nichts mangelt (der keinen Mangel empfindet). Der (materiell und immateriell) Arme hat nur gute Hoffnung und ein leidvolles Leben (weil ihm das ›Ist‹ nicht genügt). Die letzten beiden Verse sind inhaltlich nur lose angeschlossen: Derjenige ist dumm, der durch das Leid anderer sein Leben verliert (weil dieses Leid unbegründet ist?). Der letzte Vers gibt ein paralleles Bild, wobei die genaue Übertragung unklar bleibt: Der Mond verdunkelt den Sprecher noch nicht mal um der Königin Willen.
Carl von Kraus (KLD II, S. 326) sieht Parallelen zu Freidank 22,12–15, 43,10–13.
Sandra Hofert
H Namenl/17vb 22 = KLD 38 h 22; RSM ¹SpervA/2/10Zitieren | |||
Heidelberg, UB, cpg 349, fol. 19ra | |||