Die Einstellungen der Textansicht wurden gespeichert.

Sie bleiben auf diesem Rechner und in diesem Browser als Standardeinstellungen gültig, bis Sie sie mit anderen Einstellungen überschreiben.
Reinmar, ›Die hochgemuͦten zihent mich‹ (B 32 33 34 35) Lied zurückDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: ABC überliefern unter Reinmar ein vier­stro­phiges Lied, in E zusätzlich ergänzt um eine dort unikal überlieferte Strophe. Die Reihenfolge der überlieferten Strophen ist im Handschriftenvergleich stabil; einzig in A sind die zweite und dritte Strophe vertauscht.

In C werden die Strophen ferner gemeinsam mit C Reinm 60 61 als Liedzusammenhang präsentiert (siehe sekundäre Lied­ein­heit), formal fügen sich jene beiden Strophen jedoch deutlicher in den Überlieferungszusammenhang ihrer Parallelüberlieferungen ein, welcher sich v. a. im Abgesang deutlich von dem vorliegenden unterscheidet (siehe E Reinm 114–119 et al.).

Das vorliegende Lied wird in der Forschung mit der Reinmar-Walther-Fehde in Zusammenhang gebracht. Siehe zu jenem vermeintlichen Sängerstreit den Autorkommentar.

Form: .4a .6b / .4a .6b // 6c .7c .3d 5x .5d

Es liegen neunversige Stollen­stro­phen vor (mit Ausnahme der defekten Strophe E V). Den fünften Vers ausgenommen, ergeben je zwei Verse zehn Takte. Der c-Reim von B IV ist gestört. Dieser Fehler stand schon in der gemeinsamen Quelle von B und C; der C-Schreiber hat ihn nachträglich korrigiert. Abweichungen zeigen sich insbesondere in E. Ferner liegt kein Auftakt vor in A II / BC III,9. Überfüllt sind BC III,3 sowie BC IV,6.9.

Inhalt: Minneklage, deren zentrales Thema die Verteidigung des Sanges gegen den Vorwurf von Monotonie und fehlender Authentizität ist. Liebertz-Grün, S. 74, bezeichnet das Lied als »Metaminnekanzone, eine Reflexion über das für die Minnesangkanzone typische Gemisch aus objektsprachlicher und metasprachlicher Rede«.

Der Sprecher ist nicht froh, also wird er auch keine nu̍we[n] mere[n] (C I,1) sagen. Er weist den Vorwurf einer unangemessen Klage zurück. Minneklage ist für ihn kein »Vorwand zur schönen Klagegebärde, [k]ein artistisches Spiel« (Schweikle, Sp. 1185); vielmehr beteuert er in der in BCE zweiten Strophe seine Aufrichtigkeit und seine Treue im Dienst.

Mit dem Frauenpreis in der in BCE dritten Strophe zieht der Sprecher, »probeweise, ein anderes Register« (Hübner, S. 108), wobei er gleichzeitig mit der Differenz von Signifikant und Signifikat spielt. Das Lob der Dame und ihres Namens in (bzw. der Bezeichnung wip) in V. 1 gehen ineinander über, und kunstvoller Sang wird zum Spiegel für die Qualität des Besungenen.

Dadurch, dass in A die zweite und dritte Strophe vertauscht sind, erscheint das Frauenlob in A II als unmittelbare Antwort auf den Vorwurf übermäßiger Klage aus A I.

In der in ABCE vierten Strophe, für die Kasten, S. 846f., vermutet, dass Reinmar von einem Partimen zwischen den Trobadors Foulquet de Marseille und ›Tostemps‹ (vermutlich Raimon de Miraval) angeregt wurde (vgl. auch Kasten: ›geteiltes spil‹, S. 39–54), rückt wieder die Minneklage in den Mittelpunkt. Der Sprecher leidet an dem Dilemma des Minneparadoxons: Soll er die Würdigkeit der Dame mindern oder erhöhen? Beides würde ihm Leid zufügen. Hausmann, S. 147, spricht hier in Hinblick auf die Verinnerlichung gesellschaftlicher Normen von einer »Verinnerlichungskonzeption«. Anders Hübner: Aus seiner Perspektive bietet die Strophe eine Reflexion über die Macht des Sängers, der durch seinen Sang die Wertschätzung der Dame mindern oder erhöhen kann. Doch »[w]er kein Glück in der Liebe hat, soll die Frauen auch nicht als Freudestifterinnen loben [...]. Reinmars ›Preislied‹ ist ein Antipreislied [...]. Am Ende bleibt nur die Klage, weil sie wenigstens ehrlich ist« (S. 112).

Die Zusatzstrophe in E beteuert noch einmal die Aufrichtigkeit des Sprechers (vgl. möglicherweise das Konzept vom verbum cordis bei Augustinus: Sprache im Herzen als Ebene jenseits der Lautsprache, auf der das Erkennen der Wahrheit möglich ist).

Sandra Hofert

Kommentar veröffentlicht am 01.02.2025.
Gehört zur Anthologie: Minne- bzw. Werbelied
 B Reinm 33 = MF 165,19Zitieren
Digitalisat
Weingartner Liederhandschrift (Stuttgart, LB, HB XIII 1), pag. 68
Logo DFG-Viewer Bild nach oben scrollen Bild nach unten scrollen Bild schließen
 II
 
 
Vignette
[Reinmar], ›Wol den oͮgen, die so wellen kunden‹ (B *Reinm 30 31 32 33) Lied zurückLied vorDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Unter Reinmar führt C ein vier­stro­phiges Lied, das in B namenlos tradiert, aber wohl Reinmar zuzuordnen ist (vgl. den Korpuskommentar); in E sind Str. II und III vertauscht, eine fünfte Strophe bildet den Schluss, auch im Detail unterscheidet sich diese Version von jener in BC (z. B. E II,3; III,1; IV,6). Die Abfolge der zwei Strophen, die A unter Niune tradiert, entspricht jener in E, auf Strophenebene liegt die A-Version mal näher an E (vgl. A I,2), mal näher an BC (vgl. A II,2f.).

Form: 5-a 4b / 5-a 4b // 4c 6c

Auftakt in E II,2/4. E IV,6 ist mit vier Hebungen unterfüllt.

Inhalt: Minne- und Gesellschaftsklage.

Mit einem Winter-Natureingang beginnen alle Liedversionen. Das Ich beteuert entweder, eine not verspüre es in diesem Winter nicht (so stark?), oder – AE I,2 kann auch kausal aufgefasst werden – seine not habe nicht der Winter verursacht. Jedenfalls hat es Besseres zu tun, als über Blumen zu klagen (I,6). Damit knüpft der Sprecher an die Tradition von Natureingängen an und setzt sich zugleich »in einer fast arroganten Geste« (Lieb, S. 195) der poetischen Reflexion davon ab. Um welche not es sich handelt, ist vorerst offen.

Der Beginn von Str. AE II / BC III klingt zunächst wie eine Minneklage: Das Ich findet keine tru̍we (BC III,1), obwohl es sie verdient hat. Im weiteren Verlauf klagt das Ich jedoch über die Gesellschaft, die es im Stich lässt: Niemand hilft dem Ich so, wie es selbst anderen hilt. Die A-Version endet hier und ist damit Gesellschaftsklage.

Auch in Str. E III / BC II fühlt sich das Ich von der Gesellschaft nicht unterstützt, zweites Thema ist der Liebesschmerz: Der Sprecher fragt, wann seine swere vorbei sein wird und wünscht sich den Rat wiser lu̍te (BC II,6). In E III,1 (Swie dicke ich gefrege guͦter mere) fragt das Ich nach guͦter mere, während es in BC II,1 (Swie vil ich gesage guͦter mere) selbst guͦter mere bringt und somit wie in Str. AE II / BC III die »fehlende Reziprozität [...] im kommunikativ-gesellschaftlichen Bereich« (Lieb, S. 194) beklagt.

In Str. BCE IV lobt das Ich seine Augen und sein Herz für die Wahl der Geliebten und beteuert seine Treue: Es wird wegen ihr weiterhin (sehr gerne, BC) kumber (IV,6) erleiden. Damit endet die BC-Version als Minneklage.

In E richtet sich eine fünfte Strophe wieder auf die Rolle des Ichs in der Gesellschaft: Sollte es dem Sprecher nicht möglich sein, einen Menschen mit stets boͤsem muͦte zum Lachen zu bringen, dann würde er ihn durch Lügen für sich gewinnen. Das würde das Ich selbst gutheißen. Die Strophe kann auch als Frauenstrophe aufgefasst werden (Schweikle, S. 359).

Simone Leidinger

Kommentar veröffentlicht am 21.01.2022; zuletzt geändert am 24.01.2022.
Gehört zur Anthologie: Minne- bzw. Werbelied
 B *Reinm 33 = MF 169,27Zitieren
Digitalisat
Weingartner Liederhandschrift (Stuttgart, LB, HB XIII 1), pag. 93
Logo DFG-Viewer Bild nach oben scrollen Bild nach unten scrollen Bild schließen
 IV
 
 
Vignette