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Überlieferung: Inwiefern die späte Aufzeichnung (Ende 14. Jh.) in der schlesischen Hs. p ein Lied darstellt bzw. welche Textteile zu diesem gehören und welche nicht, ist kaum eindeutig zu entscheiden, schon weil die alten Textpartien massiven Umbau erfahren haben und der Schreiber wenig Verständnis für Struktur und Wortlaut aufbrachte. Die Abschrift bricht am Seitenende inmitten einer Strophe ab. Die Verse, die der C 14 entsprechenden Strophe vorausgehen (p 23), zeigen einen so ähnlichen Bau, dass sie hier als Eingangsstrophe ediert sind (so auch der Vorschlag von Kornrumpf), obwohl sie thematisch und motivisch kaum etwas mit dem Rest des Liedes gemein haben. Die Plusstrophe p 25 zwischen den alt bezeugten Strophen hat Zatočil als erzählenden Einschub aufgefasst. Mit Holznagel, S. 461, und Kornrumpf, S. 327 wird man sie zugleich als Strophe im selben Ton begreifen.
Mit dem ersten Vers des alten Liedes beginnt auch eine tagweis im Liederbuch der Klara Hätzlerin (I, 15), vgl. Schlosser, S. 82f.
Form: Die Aufzeichnung lässt einen geregelten Strophenbau nur erahnen; im Zentrum des kleinen Liederkorpus, zu dem die Verse gehören, stehen auch nicht mehr die Liedformen des Minnesangs (vgl. Kornrumpf). Das Zeichen ℟ markiert (nur in I und II) den Beginn des Abgesangs; es erscheint als Ro (responsio bzw. repetitio) auch in anderen Liedern des Korpus.
Nur die erste Strophe (die nicht zum alten Lied gehört) zeigt die Reimstellung a b / a b // c c d d, wie sie der C-Überlieferung entspricht, ohne Störungen. Die anderen Strophen weichen in unterschiedlichem Grad davon ab. Die überwiegende Zahl der Verse ist sechshebig mit Auftakt; V. 5 scheint davon abzuweichen: .6a .6b / .6a .6b // 7c .6c .6d (.)4d. Die V. III,1 und III,8 haben einen Takt mehr. Die erste Strophe, deren Zugehörigkeit nicht zweifelsfrei feststeht, zeigt Zäsurreime in V. 1/3 und 5/6. Zäsurreim-ähnlich könnten auch die V. 2/4 (nacht : gat) und 7 (kynne : myn : -lin) gestaltet sein. Die zweite Strophe weist dagegen nur einen Zäsurreim in V. 1/3 auf.
Inhalt: Die Strophen II bis IV geben Dialoge zwischen Mann und Wächter, Wächter und Frau sowie Frauenrede wieder, die die Situation des Einlasses umspielen. Die dritte Strophe, die kein Pendant in der alten Überlieferung hat, ist erzählend und szenisch ausgebaut. Die Art der Zugehörigkeit von I – einer an Amor adressierten und Naturbilder (roze in dem tawe) assoziierenden Klage über die Liebesnot, die von der Schönheit der Geliebten ausgeht – ist schwer zu bemessen (s. oben); diese Strophe wirkt weder gedanklich noch in den Sprachbildern wie ein ›Prolog‹ zum Rest des Liedes.
Sonja Glauch