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Überlieferung: dreistrophig in AC; die ersten beiden Strophen sind vertauscht. Iterierende Varianten sind nicht selten; aus ihnen heraus sticht die konsequente Änderung der Sprechsituation in Str. III: Während das Ich in Str. I und II sich direkt an die Geliebte wendet, spricht es in A III nicht länger zur Geliebten, sondern über diese in der dritten Person; in C III hingegen ist der Anredegestus erhalten. Dass in C III,4 just ein Personalpronomen offenbar falsch gesetzt ist und dass in C III,8 – gegenläufig zur Unmittelbarkeit der Gesprächssituation – unpersönliches (und poetisch unglückliches: das Herz des Sangs?) im (statt mir A) steht, könnte ein Indiz für nachträgliche Änderung sein, desgleichen vielleicht die Dat.-Akk.-Verwechslung in C III,2. Aus Perspektive der klassischen Textkritik würde man zusätzlich betonen, dass eine kalkulierte Änderung vom Einfachen (C) zum Komplizierten (A) nicht sehr wahrscheinlich ist (Prinzip der lectio difficilior).
Dass Str. III von den ersten beiden auch gedanklich leicht abgesetzt ist (s. u.) und sie – vor allem wenn man von der A-Fassung her denkt – die Werbung der ersten beiden Strophen kommentierend und teils von außen anschaut, könnte vielleicht darauf hindeuten, dass sie dem (dann zunächst) zweistrophigen Lied erst nachträglich zugegeben worden wäre.
Form: Kanzone.
.4a .5-b / .4a .5-b // .4c .4d .4c .4d .4c
Mit Ausnahme des überfüllten Verses A II,1 ist das Schema streng durchgehalten, es überwiegt regelmäßige Alternation; wo sie aussetzt, wäre sie leicht herzustellen bzw. ist sie in einer der beiden Handschriften bewahrt (C III,3. 9; A I,3, III,4); lediglich in C II,9 = A I,9 muss Doppelmora angesetzt werden.
Inhalt: Minneklage im Modus eines Anredelieds. Die ersten beiden Strophen handeln beide von der Aufrichtigkeit der Liebe und der Werbung, die das Ich in direkter Anrede an die Geliebte beteuert; die Umstellung der Strophen in AC ändert für den Inhalt des Liedes daher wenig, wenn auch die initiale Anrede in A I (Ir …) dem Liedeingang angemessener erscheinen wird. Str. III kombiniert diesen Gedanken der Aufrichtigkeit der Liebe mit jenem der Authentizität des Singens, auch vor dem Hintergrund wortgleichen Sangs anderer (III,3f.); der Gestus ist nun – in A zusätzlich verstärkt durch die Abkehr von der direkten Adresse an die Geliebte – ein stärker reflexiver, aus Perspektive der Minnekanzone auch ein traditionellerer. Gleichwohl ist die Schlussstrophe semantisch mit den Strophen davor fest verbunden (u. a. valsche minne auch in C II,4 et al.; Kontext anderer Sänger und anderer Minnesituationen auch in C II,7 et al.). Falls die dritte Strophe eine sekundäre Zutat wäre, ist sie dem Lied doch gedanklich passgenau angefügt.
Poetisch apart ist die strophenschließende Metapher in C I,9 et al. (des wintert mir diu sumerzît), die in A (wo es Str. II betrifft) zugleich den Anredeteil des Liedes abrundet.
Florian Kragl