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›Vrone wahter, nu wecke‹
D Namenl/1r 234
ID Namenl/1r 234 = KLD 38 D 234; RSM ¹ZX/21/1
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 350, fol. 38ra
D Namenl/1r 235
IID Namenl/1r 235 = KLD 38 D 235; RSM ¹ZX/21/2
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 350, fol. 38ra
D Namenl/1r 236
IIID Namenl/1r 236 = KLD 38 D 236; RSM ¹ZX/21/3
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 350, fol. 38rb
D Namenl/1r 237
IVD Namenl/1r 237 = KLD 38 D 237; RSM ¹ZX/21/4
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 350, fol. 38rb
D Namenl/1r 238
VD Namenl/1r 238 = KLD 38 D 238; RSM ¹ZX/21/5
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 350, fol. 38rb

Kommentar

Überlieferung: Die fünf Strophen sind unikal in D überliefert.

Form: 4-a .4b / 4-a .4b // .4c .3-d .4c .3-d

Es liegen achtversige Stollen­stro­phen vor. Die Auftaktgebung kann variieren. Männliche Kadenz im a-Reim in III (eventuell nicht apokopiert).

Inhalt: »[D]idaktische Umbildung der Tageliedform« (Blank, S. 34); gnomischer Appell an ein tugendhaftes Leben, wobei die Minne als Sünde verurteilt wird.

Das Lied beginnt mit einem tageliedartigen Eingang, doch statt des Wächters, der das Liebespaar vor dem anbrechenden Tag warnt, ist es ein Ich, das den Wächter auffordert, die Minnenden der Welt zu wecken. Dann gehen Ich- und Wächterstimme ineinander über, wenn der Sprecher sich mit nemt urlop (I,8) direkt an die Minnenden wendet. Auffällig ist dabei die bildintensive Personifikation des Tages, die an G* Wolfr 4 erinnert.

Dass hier der heranbrechende Tag auf die drohende jenseitige Gerichtsbarkeit anspielt, der Schlaf mit einem Leben in Sünde, das Erwachen mit einem Bekennen zur Tugend verbunden sind, machen die folgenden Strophen deutlich: Die zweite verurteilt die (irdische) Minne, die dem Menschen nur schadet. Im Tod wird der Körper des Minnenden von Maden zerfressen, die Seele landet in der Hölle.

Bezugnehmend auf die erste Strophe inszeniert sich der Sprecher in der dritten als Wächter und Beobachter der Welt. Erneut wird die Minne verurteilt, hier u. a. als Triebkraft zweier Pflüge, des der Sünden und des der Schanden.

Die vierte Strophe schließt an das Motiv der Pflüge an und integriert Luzifer in das Bild: Er sät die entsprechenden Samen. Er fürchtet weder Papst noch Kaiser, weder geistliche noch weltliche Macht – zwei Mächte, die sich auch gegenseitig feind sind.

In der letzten Strophe schließlich wird als Gegenbild zur zuvor gezeichneten Sündhaftigkeit das Ideal tugendhafter Männer und Frauen gezeichnet: Mannes herze in herren libe (V,1) und wibes herze in vrowen lip (V,5). In den Begriffen man und wip scheint somit der Kern der Tugendhaftigkeit verkörpert zu sein, herre und vrouwe bilden die entsprechenden ›Hüllen‹, sind ihre gesellschaftlichen Rollen in der Welt.

Sandra Hofert

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