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Walther von der Vogelweide, ›Genade, frowe also bescheidenliche‹
C Wa 250 (246 [255])
I
IC Wa 250 (246 [255]) = L 70,22
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 135rb
C Wa 251 (247 [256])
II
IIC Wa 251 (247 [256]) = L 70,31
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 135rb
C Wa 252 (248 [257])
III
IIIC Wa 252 (248 [257]) = L 71,1
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 135va
C Wa 253 (249 [258])
IV
IVC Wa 253 (249 [258]) = L 71,10
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 135va

Kommentar

Überlieferung: Das vierstro­phige Lied ist in A und C mit identischem Strophenbestand und gleicher Reihung überliefert.

Form: .6-a .4b / .6-a .4b // .6-c .4d .5d .4x .4-c

Neunversige Stollen­stro­phen mit Waise. In einigen Ausgaben werden die beiden letzten Verse zu einem Langvers zusammengefasst (vgl. Schweikle). Das metrische Schema ist insgesamt uneinheitlich: Zum Beispiel sind I,1 oder I,3 um eine Hebung zu kurz. In vielen Fällen sind dreisilbige Takte anzunehmen (etwa in IV,9). Bei Str. III scheint in beiden Hss. Textverderbnis bei den V. 8 und 9 vorzuliegen.

Inhalt: Dialog/Wechsel.

Das Lied bildet eine Mischform aus Dialog und Wechsel. Es beginnt mit der direkten Anrede des männlichen Sprecher-Ichs an die Frau, das darum bittet, einzig ihr leben zu dürfen. Die Frau reflektiert in Str. II dann aber über ihren fru̍nt in der dritten Person und bedauert, dass er auch andere Frauen liebe. In Str. III spricht wieder das männliche Ich, nun ebenfalls über die Frau, und beklagt, dass er jemerlich (III,4), aber vergeblich um ihre Liebe gebeten habe. In Str. IV spricht die Frau nun direkt den Freund an und bekennt, dass sie ihm aufgrund seiner schon immer vorhandenen unstetecheit (IV,6) jede Bitte abschlägt.

Formal bildet die Mischung aus Wechsel und Dialoglied den gescheiterten Versuch zwischen den beiden Sprecherinstanzen, eine Einigung zu finden, nach (vgl. auch Scholz, S. 88f.). Vielleicht dient auch die bisweilen etwas uneinheitliche Metrik dazu, eben diese Korrumption des Gespräches nachfühlbar zu machen. Inhaltlich steht die ethische Frage nach der Treue im Zentrum des Liedes: Während der Mann eine gemeine (II,3) Liebe anzustreben scheint, plädiert die Frau für ein ausschließliches Paarverhältnis zwischen zwei Liebenden.

Aufgrund der durch das Sprecher-Ich vertretenen Liebesauffassung wurde das Lied bisweilen aus moralischen Gründen für unecht erklärt.

Björn Reich

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