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Überlieferung: Walthers ›Preislied‹ ist in vier Hss. überliefert. Der Strophenbestand erweist sich insgesamt als stabil: ACE überliefern jeweils die Str. I bis V (wenngleich in unterschiedlicher Reihung), U überliefert vier Strophen, ist aber insgesamt stark fragmentarisch und bricht in der vierten Strophe nach wenigen Zeilen ab. In C findet sich eine sechste Strophe, die in der Forschung aufgrund ihres stark abweichenden Inhalts oft als (unechte) Nachtragsstrophe verstanden wird. Im ›Frauendienst‹ Ulrichs von Liechtenstein wird zudem die Eingangsstrophe zitiert.
Form: 4a 5b / 4a 5b // 3-c 3d (.)5*6d 4-c
Achtzeilige Stollenstrophe (in L fehlt der letzte Vers). Das metrische Schema ist schwer zu bestimmen, da das Lied quer durch alle Hss. zahlreiche metrische Unregelmäßigkeiten aufweist. Besonders stark sind diese in den V. 5 und 7. C I,5 und C II,5 sind um eine Hebung zu kurz, bei C IV,5 muss von einem dreisilbigen Auftakt ausgegangen werden. In Vers 7 finden sich die Varianten .4d .5d und 6d. Entsprechend stark wurde in älteren Editionen in den handschriftlich überlieferten Text eingegriffen. Insgesamt sind für ein halbwegs einheitliches Schema dreisilbige Takte, gespaltene Senkungen (etwa in C I,3 oder C VI,7) und Synalöphen (etwa C III,7 da ist = dast oder C VI,3 du̍ ist = diust) anzusetzen. A III,6; C I,5; C IV,6; C V,5; C VI,5 sind unterfüllt; C V,8; E I,1f. und E V,8 sind überfüllt.
Inhalt: Herrenlob/Frauenpreis
Obwohl in Walthers ›Preislied‹ die Reihenfolge der Strophen differiert, setzt das Lied in allen Handschriften mit der Auftrittsstrophe eines Kundigen ein, der sich nach dem Muster des Sangspruchs an ein höfisches Publikum wendet. Die Lohnforderung, die das Sprecher-Ich stellt, ist allerdings weniger auf materiellen Besitz denn auf eren (C I 8) gerichtet. Die folgenden vier Strophen variieren immer wieder dasselbe Thema: Gepriesen werden die tiutschen lande, insbesondere hinsichtlich der Tugendhaftigkeit ihrer Bewohner. C beginnt mit der Ehrenhaftigkeit der Hofgesellschaft, um dann zum größeren Komplex der deutschsprachigen Länder überzugehen; in A hingegen werden zuerst die lande gepriesen (A III), um danach im pointierten Lob ihrer Bewohner zu münden. Der abgesteckte geographische Bereich ist dabei etwas enger gefasst als im Unmutston C Wa 325 et al. Inhaltlich signifikante Abweichungen innerhalb der Überlieferung finden sich etwa zwischen CE III,7 und A III,7. Die Anordnung der Strophen macht für den Grundduktus des Liedes insgesamt keinen nennenswerten Unterschied.
Nur in C findet sich eine weitere Strophe, die nicht recht zum sonstigen Inhalt zu passen scheint: Hier beklagt das Ich seinen vergeblichen Dienst für die Geliebte, was sich analog zum afrz. envoi als Umschwung vom Allgemeinen hin zum Persönlichen verstehen lässt. Gemeinsamkeiten bestehen zu C Wa 416.
Intertext: Das Lied weist Bezüge zu Liedern Reinmars (etwa zu C Reinm 56) und Heinrichs von Morungen (vgl. Smits) auf, ist aber wohl vor allem gegen provenzalische Spottstrophen (etwa solche eines Peire Vidal) gewendet, die sich über die deutsche Sprache lustig machten. Entsprechend ist in dem Lied weniger ein Ausdruck von nationalem Bewusstsein zu sehen als eine literarische Replik. Das Grundthema ist der höfische Herren- und Frauenpreis mit der Bitte um die ehrenvolle Zugehörigkeit zur Hofgesellschaft und nicht die Proklamation eines deutschen Nationalgefühls. Das hat insbesondere die ältere Forschung aber nicht daran gehindert, das Lied stark zu ideologisieren und sogar als eine Art Reichsproklamation zu lesen.
Björn Reich