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Reinmar, ›Si jehent, der sumer, der si hie‹
A als neue Leitversion B als neue Leitversion
C Reinm 68
IC Reinm 68 = MF 167,31
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101va
B Namenl/91 25
IB Namenl/91 25 = MF 167,31
Überlieferung: Stuttgart, LB, HB XIII 1, pag. 92
C Reinm 69
IIC Reinm 69 = MF 168,6
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101va
A Namenl 46 (44)
IA Namenl 46 (44) = MF 168,6
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 43r
B Namenl/91 26
IIB Namenl/91 26 = MF 168,6
Überlieferung: Stuttgart, LB, HB XIII 1, pag. 92
A Namenl 47 (45)
IIA Namenl 47 (45) = MF 168,18
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 357, fol. 43r

Kommentar

Überlieferung: Zwei Strophen sind im Reinmar-Korpus in C überliefert sowie als Teil des ursprünglich namenlosen Abschnitts der Reinmar-Sammlung in B (s. Korpuskommentar zu B). Die zweite Strophe findet sich zudem anonym im Anhang von A, ergänzt um eine weitere, dort unikal überlieferte, Strophe.

Form: .4a .3b 5c / .4a .3b 5c // 5d .7d .4e .4x .7e

Es liegen elfversige Stollen­stro­phen vor. Auftakt in: A I,7; II,6; BC II,3. Ohne Auftakt mit Hebungsprall ist A I,9. Die Hebungszahl des letzten Verses ist, bis auf A II,11, nur mit wiederholten Daktylen siebenhebig.

In MF/MT ist der letzte Vers in zwei Verse aufgeteilt, wodurch eine weitere Waise entsteht (die in BC I an den a-Reim der Strophe anreimt). Die Waise im zehnten Vers von BC I wird im d-Reim der Folgestrophe aufgegriffen; BC I,8 reimt ferner grammatisch mit BC II,3. Der a-Reim der in A ersten Strophe wird zudem im c-Reim der folgenden Strophe aufgegriffen. Die Waise von A I reimt mit dem b-Reim der Folgestrophe.

Inhalt: Frauenlied und Totenklage.

Die zweite in BC überlieferte Strophe bzw. die erste in A ist eindeutig einer Frau zuzuordnen, die anderen Strophen ließen sich auch als Klage eines Freundes verstehen. In MF/LH sind zwei der drei Strophen als Frauen­stro­phen aufgefasst, nicht die in BC zuerst überlieferte; auch Schweikle, S. 48, spricht sich für das Verständnis als Männerstophe aus. Von Kraus sieht alle Strophen »Liutpolds Witwe als Totenklage in den Mund gelegt« (MF/K, S. 490).

In BC setzt die Klage ein mit einer Strophe, in der die sommerlichen Freuden dem Schmerz über den Verlust von Liutpolt entgegengesetzt werden, welcher selbst nie getrauert hat.

Es folgt eine Klagestophe (bzw. eröffnet diese das Lied in A): Der spiegel (A I / BC II,7) ihrer Freuden ist verloren; ihr fehlt ihre sommerliche Augenweide – womit in BC das Motiv des Sommers aus der vorangegangenen Strophe aufgegriffen wird.

Die in A folgende Strophe hat Gebetscharakter, wodurch die religiöse Dimension in den Fokus rückt: Das Ich bekräftigt noch einmal den Klagegestus und endet mit der Bitte an Gott, den Verstorbenen gnädig aufzunehmen.

Dadurch, dass A die in BC erste Strophe nicht überliefert, fehlt dort der Verweis auf Liutpolt – ein historischer Bezug, der mit dem Tod des österreichischen Herzogs Leopold V. 1194 in Verbindung stehen kann, wobei politische Bezüge insgesamt eher zurücktreten: »Die Strophen beklagen nur einen persönlichen Verlust, keinen politischen« (Schweikle, S. 355), und blenden die besonderen politischen Umstände seines Todes aus (Ashcroft, S. 219–233, sieht darin eine versuchte Rehabilitierung des Herzogs).

Insbesondere die ältere Forschung zog die Nennung des Herzogs als Argument heran, in Reinmar einen Hofsänger am Wiener Hof zu sehen (siehe dazu Autorkommentar). Die jüngere Forschung steht einer primär historischen Interpretation des Liedes kritisch gegenüber. So widerspricht beispielsweise Hausmann der These, die Frau mit der Herzoginwitwe Helena zu identifizieren, und sieht im weiblichen Sprecher-Ich stattdessen eine Verkörperung von dem »›Konzept Frau‹ der Reinmarschen Frauenlieder« (S. 260): »Das Lied ist keine Witwenklage, es ist vielmehr die fiktionale Klage der Fiktion Frau über den Tod eines realen Mannes« (ebd.).

Sandra Hofert

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