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Reinmar, ›Ich wil alles gahen‹
C Reinm 77
IC Reinm 77 = MF 170,1
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101vb
C Reinm 78
IIC Reinm 78 = MF 170,8
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101vb
C Reinm 79
IIIC Reinm 79 = MF 170,15
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101vb
C Reinm 80
IVC Reinm 80 = MF 170,22
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101vb
C Reinm 81
VC Reinm 81 = MF 170,29
Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 101vb

Kommentar

Überlieferung: Ein fünf­stro­phiges Lied ist in ACE im Reinmar-Korpus überliefert. In B ist es Teil des ursprünglich namenlosen Abschnitts der Reinmar-Sammlung (s. Korpuskommentar zu B). A führt ein zwei­stro­phiges Lied.

BC überliefern das Lied mit gleicher Strophenreihenfolge. Die ersten beiden BC-Strophen bilden in E (mit vertauschter Reihenfolge) den Liedschluss. Die beiden Strophen in A entsprechen BC III / E I und BC II / E IV.

Auch auf Strophenebene unterscheiden sich eine BC-, E- und A-Fassung (vgl. vor allem BC I und E V sowie BC II, E IV und A II).

Für eine Übersicht über die Autorschaftsdiskussion vgl. MF/MTE, S. 109. Das Lied wurde auch im Zusammenhang mit der Reinmar-Walther-Fehde diskutiert. Siehe zu jenem vermeintlichen Sängerstreit den Autorkommentar.

Form: 3-a 4b / 3-a 4b // 4c .4x .6c

Es liegen siebenversige Stollen­stro­phen vor. Bei Realisierung der nicht-apokopierten Formen ist die Kadenz in B II,5.7 weiblich.

Die Form weist in E in Bezug auf Versfüllung und Auftakte Freiheiten auf und ist wiederholt gestört. So fehlt in E I,3 das Reimwort; E II,1, E III,2 und E IV,7 sind metrisch unterfüllt, in E III,1 ist zudem der Reim gestört; E V,6 hat weibliche Kadenz.

Inhalt: Die drei Fassungen des Werbelieds haben unterschiedliche Schwerpunkte.

Das Lied bietet in BC eine Minneklage, in der Leid und Freude, Verzweiflung und Hoffnung miteinander verbunden werden: Der Sprecher bekräftigt seinen steten Dienst (vgl. Str. I). Das Motiv der Fernminne wird aufgerufen (vgl. Str. II). Er preist die Dame, wobei insbesondere der Vergleich mit dem Ostertag das Lob religiös überhöht, gleichzeitig die religiöse Freude säkularisiert (vgl. Str. III). Spöttisch spricht das Ich schließlich über konkurrierende Werber, die es ihm unmöglich machen, zu der Dame zu kommen und ihr seine Rede vorzutragen (vgl. Str. IVf.). Belehrend schließt das Lied mit einem herablassenden Rat an die Mitwerber (vgl. Str. V).

Loleit überlegt, die in BC letzte Strophe als Frauenstrophe zu lesen: Das wäre »eine deutliche Abfuhr an den Sprecher der übrigen Strophen« (S. 320).

In E wird das Lied ein- und ausgeleitet von hoffnungsvollen Strophen: Das Lied beginnt mit der Preis­strophe des Ostertags. Auf die zwei Spott­stro­phen folgt die Strophe, die das Motiv der Fernminne aufruft, wobei der Sprecher nicht nur von seiner Dame gehört, sondern bereits von ihr gesungen hat. Da Lied schließt mit der Andeutung von Nähe: Die Dame wird dem Ich in die Augen sehen.

Die zwei­stro­phige A-Fassung ist keine Minneklage, sondern verbindet die Liebesversicherung des Ichs und Preiselemente.

Sandra Hofert / Simone Leidinger

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