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Burkhard von Hohenfels, ›Wir sun den winder‹
C
C Burk 1
IC Burk 1 = KLD 6 I 1
C Burk 2
IIC Burk 2 = KLD 6 I 2
C Burk 3
IIIC Burk 3 = KLD 6 I 3
C Burk 4
IVC Burk 4 = KLD 6 I 4
C Burk 5
VC Burk 5 = KLD 6 I 5

Kommentar

Überlieferung: Das Lied ist unikal in Handschrift C überliefert.

Form: Stollenstrophe, daktylisch. 2-a .2-b / 2-a .2-b // 2c .2-d .2-d .2c. Ohne überlieferte Musik ist die Beurteilung der metrischen Gestalt schwierig. Die von älteren Editionen angesetzten Langzeilen mit Binnenreimen werden dem daktylischen Takt gerechter (vgl. Weissenfels, § 129f., Jaehrling, S. 12f., und von Kraus, S. 35). Die Langzeilen verschleiern aber die Stollenform (Hübner, S. 124 Anm. 38), wenn man nicht mit Jaehrling, S. 12, einversige Stollen annehmen will. Ich setze mit Wachinger, S. 693, Kurzverse an.

Inhalt: Aufruf zu Tanz- und Liebesfreude. In Neidhartischer Manier erscheint das Ich beim Wintertanz in der Stube (I, II) als Anführer, der Tanz und Liebe in Aussicht stellt. Anders als bei Neidhart sieht der Sänger hier aber keine negativen und störenden Aspekte voraus: zwar soll Gedränge herrschen (II,2), aber niemand soll die Kontrolle verlieren (V,5). Wortwahl, Rhythmus und Sprachklang legen nahe, dass das Lied den Tanz nicht nur thematisiert, sondern auch sprachlich-rhythmisch simulieren soll (Hübner, S. 124). Bewegungsverben dominieren den Text. Sie repräsentieren Tanzbewegungen (II), dienen in den Folge­stro­phen aber zusätzlich dazu, die mit dem Tanzgeschehen verbundene erotische Attraktion (III, IV) zu illustrieren. Widerstand gegen die Macht der Minne ist zwecklos: die hindernde Kontrolle der huote kann Minne nicht verhindern, sondern steigert sie nur (IV). Man kann die Minne also nicht durch huote austricksen (so ist wohl IV,3 zu verstehen, wenn man den Vers nicht mit KLD konjizieren will).

Strophe V nimmt das Thema der Liebesfreude und -attraktion wieder auf. Obwohl ihr Sinn einigermaßen klar ist, ist der genaue Gehalt (sowie der Grad und die Drastik der Erotik) von Teilen dieser Strophe in ihrer überlieferten Form nicht ganz leicht zu beurteilen, was besonders für V,3f. gilt. Ich verstehe die Stelle als metaphorische Engführung des gemüetes mit einem Jagdvogel, ein auch in anderen Burkhard-Liedern gebrauchtes Bildfeld: Die Tänzer werden dazu aufgerufen, gleitend zu schreiten (hier wohl auf den Schreittanz bezogen; vgl. dô der tanz begunde slîchen [C Burk 46, 8]), um es dem gemüete zu ermöglichen, sich mit Hilfe seines metaphorischen Gefieders zur Freude (V,1) aufzuschwingen. Oder ist lant slichen ze gemuete / daz gevider z’erswingen doch moeglich? (Wenn es aber ums slichen IM gemuete ginge, dann wuerde man im gemuete erwarten und nicht ze. Und das Gefieder waere dann ohne metaphorischen Bezugspunkt einfach ›um unsere Federn zum Schwingen zu bringen‹. Naja. Auch der Schlussvers hat für Irritation gesorgt: reizet den kloben kann als eine anzügliche Anspielung auf das erregbare weibliche Genital verstanden werden. Dies erscheint im Kontext des Burkhard-Korpus als unüblich gewagt, so dass die Konjektur mit KLD erwogen werden könnte: reizet zem kloben (ihr lächelndes Blicken ›lockt in die Vogelfalle‹) ist tendenziell ähnlich evokativ (der kloben kann auch hier als sexuelle Metapher gelesen werden), ermöglicht darüber hinaus aber eine größere Bandbreite harmloserer Deutungen im Bereich der (Liebes-)Jagd-Metaphorik, die auch in anderen Liedern Burkhards eine große Rolle spielt.

Markus Stock

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