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Walther von der Vogelweide, ›Jarlanc sint die tage truͤbe‹
E
E Wa 88
IE Wa 88 = L [⁷XVII,1] XVI,25
E Wa 89
IIE Wa 89 = L [⁷XVII,7] XVI,31
E Wa 90
IIIE Wa 90 = L [⁷XVII,13] XVI,37
E Wa 91
IVE Wa 91 = L [⁷XVII,19] XVII,1
E Wa 92
VE Wa 92 = L [⁷XVII,25] XVII,7

Kommentar

Überlieferung: Das fünfstro­phige Lied ist unikal in E überliefert.

Form: 4-a 5-a // 4b (.)5c / 4b .5c

Sechsversige Kanzone mit vertauschtem Auf- und Abgesang: Auf einen zweiversigen ›Abgesang‹ folgt ein vierversiger, zweiteiliger ›Aufgesang‹. Ein solches metrisches Schema ist einzig im Werk Walthers und hat dazu beigetragen, dass die ältere Forschung das Lied als unecht eingestuft hat. Insgesamt ist das Lied sehr regelmäßig gebaut; korrumpiert sind allerdings die letzten beiden Verse von Str. II, wo auch das Reimwort fehlt. In II,4 und III,5 kommt es zu Hebungsprall. Unterfüllt ist III,4.

Inhalt: Winterlied.

Das Lied beginnt mit einer Winterklage. Eindrücklich leiden die Vögel unter dem kalten Reif. Nur eine einzige Freude habe der Winter zu bieten (II,6), nämlich seine langen Nächte, die freilich die Liebenden gut zu nutzen wissen. Wer so zusammenliegt, der vermisst weder den Mai noch das Singen der Vögel (III,6). Str. IV greift diesen Gedanken noch einmal auf, wobei hier das Sänger-Ich eine persönliche Stellungnahme einflicht: Wenn die Liebenden noch immer so liegen wie damals, als das Sänger-Ich selbst zu diesen Glücklichen gehörte, dann verhält es sich noch so. Hier wird der Eindruck einer länger zurückliegenden Zeit evoziert, weswegen das Lied auch als Alterslied eingestuft wird.

Etwas kryptisch ist die fünfte Strophe. Bein, S. 419 klassifiziert sie als sekundär bzw. als optionale Begleitstrophe. Hier bekennt das (altgewordene?) Sänger-Ich, dass es weder durch zit noch minne (V. 2) zu trösten sei, weil es seine Zeit um der Freundschaft willen vertan habe und kritisiert die Freunde, die ihm das nun vorhalten.

Björn Reich

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