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›Vil wundernwol gemaht wip‹
D A C B₄ N₂
D Namenl/1r 251
ID Namenl/1r 251 = L 53,25
A Wa 89
IA Wa 89 = L 53,25
C Wa 190 (186 [192])
IC Wa 190 (186 [192]) = L 53,25
B₄ Namenl 1
IB₄ Namenl 1 = L 53,25
N₂ Namenl 1
IN₂ Namenl 1 = L 53,25
D Namenl/1r 252
IID Namenl/1r 252 = L 54,27
A Wa 90
IIA Wa 90 = L 53,35
C Wa 191 (187 [193])
IIC Wa 191 (187 [193]) = L 54,27
B₄ Namenl 2
IIB₄ Namenl 2 = L 54,27
N₂ Namenl 2
IIN₂ Namenl 2 = L 54,27
D Namenl/1r 253
IIID Namenl/1r 253 = L 53,35
A Wa 91
IIIA Wa 91 = L 54,7
C Wa 192 (188 [194])
IIIC Wa 192 (188 [194]) = L 54,17
B₄ Namenl 3
IIIB₄ Namenl 3 = L 54,7
N₂ Namenl 3
IIIN₂ Namenl 3 = L 53,35
D Namenl/1r 254
IVD Namenl/1r 254 = L 54,7
A Wa 92
IVA Wa 92 = L 54,17
C Wa 193 (189 [195])
IVC Wa 193 (189 [195]) = L 53,35
B₄ Namenl 4
IVB₄ Namenl 4 = L 53,35
N₂ Namenl 4
IVN₂ Namenl 4 = L 54,7
D Namenl/1r 255
VD Namenl/1r 255 = L 54,17
A Wa 93
VA Wa 93 = L 54,27
C Wa 194 (190 [196])
VC Wa 194 (190 [196]) = L 54,7
B₄ Namenl 5
VB₄ Namenl 5 = L 54,17
N₂ Namenl 5
VN₂ Namenl 5 = L 54,17

Kommentar

Überlieferung: Das fünf­stro­phige Lied ist in fünf Handschriften mit identischem Strophenbestand (doch mit Differenzen im Wortlaut einzelner Verse) tradiert. Das sog. Brünner Fragment, das erst spät entdeckt wurde, ist allerdings stark fragmentarisch – eine Rekonstruktion des ursprünglich möglichen Textes findet sich bei Löser, S. 13f. und bei Wa/Bei. Das Lied ist in vier verschiedenen Strophenfolgen überliefert, wobei DN2 der Forschung in der Regel als die ursprünglichste gilt, da hier die descriptio pulchritudinis gemäß der antiken Rhetorik stringent von oben nach unten erfolgt.

Form: .4a .4b / .4a .4b // .4c .4d .4c .4d .3e .6e

Zehnzeilige Stollen­stro­phen mit doppeltem Kreuzreimkursus und einem abschließenden, im letzten Vers verlängerten Paarreim. Vereinzelt finden sich dreisilbige Takte (etwa D I,6).

Inhalt: Frauenpreis/Parodie.

Das rhetorisch elaborierte Lied beginnt mit der Ankündigung eines Frauenpreises (wobei der erste Vers beinahe mit N Namenl/94v 5 zusammenstimmt und dort vielleicht wieder aufgegriffen wird), der – so zumindest in den Fassungen AD (und nach Textumstellung auch N2) – im hohen sanc (D I,4 et al.) erfolgen soll. Es schließt sich dann jedoch ein reiner Lobpreis der äußerlichen Schönheit der Frau an, ohne dass damit (wie sonst üblich) ethische Qualitäten im Sinne der Kalokagathia-Lehre verbunden würden. Klein betont, dass hier die »zu ihrer Zeit revolutionäre Imagination der nackten Geliebten in einen traditionellen Rahmen gestellt« werde (S. 331). Dabei gewinnt das Lied eine beständige Spannung aus einer Transzendierung und Vergöttlichung der Frau auf der einen Seite, die sich etwa in den Sternbildvergleichen (Strophen D II und III et al.), dem Amorbild (D V,7 et al.) und zahlreichen Anspielungen auf die Liebesgöttin Venus (vgl. Sayce, bes. S. 107–112) zeigen, und ihrer erotisch-unmissverständlichen und sehr direkten Leiblichkeit auf der anderen Seite.

Bisweilen werden Zweideutigkeiten kunstvoll inszeniert, etwa in D IV et al. wo mit dem semantisch doppeldeutigen ku̍ssen zwar vordergründig an das Wangen- oder Kopfkissen der Dame gedacht ist, gerade in den Schlussversen aber auf einen wiederholten Kusstausch angespielt wird.

Folgt man der Ordnung von DN2, erfolgt nicht nur der Schönheitspreis in der rhetorisch üblichen Reihung, es ist auch eine klare Zuspitzung und Pointierung vom Anfang zum Ende des Liedes hin auszumachen. Schon die ku̍ssen-Strophen mit ihrer expliziten Zweideutigkeit lässt die Präliminarien des hohen Sanges hinter sich, mehr noch freilich die von der Forschung meist als Höhepunkt des Liedes angesehene erotische Szene in D V et al., bei der das Sänger-Ich gesteht, die Dame nackt im Bad beobachtet zu haben und dem Publikum nicht ohne Anzüglichkeit bekennt, es hätte nur ungerne die Dame gewarnt ihre Blöße zu bedecken.

Das »sinnlichste Lied Walthers« (Sievert, S. 81) spielt verschiedene Arten des ›Lobens‹ im Minnesang durch und steht vermutlich in engem Zusammenhang mit der Auseinandersetzung Walthers mit seinen Dichterkollegen Heinrich von Morungen (vgl. C Mor 81) und Reinmar (vgl. C Reinm 35–39; vgl. bes. Bauschke, S. 125–133). Es gilt aufgrund seiner vielfältigen poetologischen Dimensionen, seiner rhetorischen Qualität und einer möglicherweise parodistischen Lesart nach wie vor als ein Meisterstück Walthers, auch wenn es im Hinblick auf moderne Geschlechterdiskurse mindestens als problematisch bezeichnet werden muss.

Björn Reich

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