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Ulrich von Liechtenstein, ›Got willechomen, herre‹
L C
L Liecht 187
IL Liecht 187 = KLD 58 XXXVI 1
C Liecht 182 (174)
IC Liecht 182 (174) = KLD 58 XXXVI 1
L Liecht 188
IIL Liecht 188 = KLD 58 XXXVI 2
C Liecht 183 (175)
IIC Liecht 183 (175) = KLD 58 XXXVI 2
L Liecht 189
IIIL Liecht 189 = KLD 58 XXXVI 3
C Liecht 184 (176)
IIIC Liecht 184 (176) = KLD 58 XXXVI 3
L Liecht 190
IVL Liecht 190 = KLD 58 XXXVI 4
C Liecht 185 (177)
IVC Liecht 185 (177) = KLD 58 XXXVI 4
L Liecht 191
VL Liecht 191 = KLD 58 XXXVI 5
C Liecht 186 (178)
VC Liecht 186 (178) = KLD 58 XXXVI 5
L Liecht 192
VIL Liecht 192 = KLD 58 XXXVI 6
C Liecht 187 (179)
VIC Liecht 187 (179) = KLD 58 XXXVI 6
L Liecht 193
VIIL Liecht 193 = KLD 58 XXXVI 7
C Liecht 188 (180)
VIIC Liecht 188 (180) = KLD 58 XXXVI 7

Kommentar

Überlieferung: C und L überliefern die sieben Strophen parallel, wobei L in VII zwei zusätzliche Verse anfügt. C weicht in III–V mit einigen Lesarten von L ab.

Form: .3-a .4b / .3-a .4b // 5-c 5-c .4d .4d

L VII fügt dem Schema die beiden Verse .4e .4e an. In C I,2 fehlt der Auftakt, VI,5f. weist entgegen dem Schema Auftakt auf.

Inhalt: Das Tagelied, eines von zwei Tageliedern im Liechtenstein-Korpus, beschränkt sich nicht auf die morgendliche Abschiedssituation der Geliebten, sondern es setzt mit ihrem (vermutlich abendlichen) Zusammentreffen ein. Zentral ist das Motiv der Liebeseinheit. Darüber hinaus teilt sich das Lied kleinere Motive mit einigen Kanzonen des direkten Überlieferungsumfelds (vgl. Hübner I, S. 300). I ist eine Frauen-, II eine Mannesstrophe, in III–VI spricht (neben zwei einversigen Weckrufen einer maget) eine Erzählerstimme, VII führt Erzähler, Mann und Frau zusammen.

Mit I heißt die Dame ihren Geliebten, der ihr vor allen dingen suͤze ist (C I,5), überschwänglich als herre, fru̍nt, geselle und lieber man willkommen (C I,1f.). In typischer Gegensatzkonstruktion ist durch seine Nähe, nämlich seine Umarmung, ihr truren fern. Im letzten Reim­paar bittet sie ihn um tausend Küsse, die sie doppelt erwidern möchte. Der Mann greift in II diese dreistufige Gunstbezeugung auf und führt sie weiter: Gruß, Kuss und Umarmung suͤssen einander (C II,3), die Dame ist Inbegriff seiner froͤide (C II,6) und die beiden einander als Liebeseinheit verbunden (vgl. C II,7f. sowie das Dialoglied C Liecht 148–154 et al., VII,5–7, wo die Dame die Liebeseinheit brüsk ablehnt). IIIf. stellen die Liebeseinheit als minnespil dar (III,4). Hierbei erkennen die Herzen der Geliebten die gegenseitige Verbundenheit in den Augen des anderen: Statt des anbrechenden Tages ›scheint‹ ihre Liebe. Dass das Liebespaar in C III,7 dabei das aufrichtige (ware[]) Strahlen der Liebe erkennt, ist weniger reizvoll als die Version in L: Hier sehen beide ir lieplic minnevarwen schin, was offenlässt, ob dem Rezipient das Rot der Münder, das Weiß der bloßen Körper oder ein abstrakter Glanz vor Augen gerufen wird. Auch die Lesart C IV,1–3 entschärft das Tagelied leicht: Hier liegen die Münder des Liebespaars geschlossen, während es in L IV,1f. die Körper sind. Ihre körperlich-räumliche Nähe findet jedenfalls ihre metaphorische Entsprechung in IV,5–8: im Herzensraum, in dem liebe und triwe durch stæte fest miteinander verriegelt sind. In dieses Paradies der Liebe (vgl. V,1) schleicht sich in V,3 leise ein maget (C), die in diesem Tagelied die Wächterrolle übernimmt und den Tag verkündet, woraufhin beide Geliebten weinen und einander auf ougen, chinne, wengel, munt küssen (L V,8; die Lesart in C ist semantisch nicht plausibel und vermutlich verderbt). Die drohende Trennung ruft wie üblich eine abschließende Vereinigung und perspektivisch die Verengung des Raums hervor: Arme und Beine des Liebespaars sind miteinander verflochtenen (vgl. VI,6f.), woraufhin du̍ maget, erneut den Tag verkündend, den Schmerz der Geliebten betont (vgl. VI,8). VII führt äußere und innere Liebeseinheit noch einmal zusammen: Die Dame hält den Geliebten mit linden wissen Armen umschlungen (C VII,1), wenn sie ihn bittet, sie in seinem Herzen mit sich davonzutragen. Diesen Wunsch bestätigt ihr Geliebter mit dem Motiv vom gegenseitigen Wohnen im Herzen.

Simone Leidinger

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