LDM -- Strophensynopse

Walther von der Vogelweide, ›Muͤste ich noch geleben, daz ich die rosen‹

C Wa 385 (381 [397])

I	C Wa 385 (381 [397]) = L 112,3

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 142vb

[ini M|2|rot]{#v^e|üe}#ste ich noch gelebe#n, d#c ich die r{o|ô}#sen· /

mit der mi#nne{k|c}l{i|î}che#n #solde le#sen·,

#s{o|ô} wold / ich mich #s{o|ô} mit ir erk{o|ô}#sen·,[[3 i¬erkôsen~i swV. refl. ›sich mit jmdm. (über etw.) unterhalten‹ (MWB I, Sp. 1962).]]

d#c wir iemer / fr{u^i|iu}nde m{#v^e|üe}#sten we#sen·.

wurde mir ein k#vs / no{h|ch} z'einer #st#vnde·

vo#n ir r{o|ô}te#n m#vnde·,

#s{o|ô} w{#e|æ}re / ich an fr{o^ei|öu}de#n wol gene#sen·. /

C Wa 386 (382 [398])

II	C Wa 386 (382 [398]) = L 112,10

Überlieferung: Heidelberg, UB, cpg 848, fol. 142vb

[ini W|2|rot]a{s|z} #sol lie{b|p}l{i|î}ch #spreche#n, wa{s|z} #sol #singen·? /[[3-7 Die Syntax ist lose; entweder stehen die Fragen für sich und die Kausalsätze werden auf V. 7 bezogen (›Weil ..., verlieren viele die Hoffnung auf Freude‹), oder die vorangestellten Fragen werden mit den Kausalsätzen verbunden (›Was soll ..., wo doch ...?‹), und V. 7 ist eigenständiger Hauptsatz.]]

w#c #sol w{i|î}bes #sch{o^e|œ}ne, w#c #sol g{#v^o|uo}t·?

#s{i|î}t / man niema#n #siht n{a|â}{h|ch} fr{o^ei|öu}de#n ringe#n·,

#s{i|î}t ma#n / {u^i|ü}bel {a|â}ne vorhte t{u^o|uo}t·,

#s{i|î}t ma#n tr{u^iw|iuw}e,¦milte, / z#vht #vn#d {e|ê}re·

wil v#erpflege#n[[3 i¬verpflegen~i stV. ›etw. aufgeben‹ (Le III, Sp. 192).]] #s{o|ô} #s{e|ê}re·,

#s{o|ô} v#erzagt / an fr{o^ei|öu}de#n man{i|e}ge#s m{#v^o|uo}t·. /

Kommentar

Überlieferung: Das zweistrophige Lied ist unikal in C überliefert.

Form: 5-a 5b / 5-a 5b // 5-c 3-c 5b

Kanzonenstrophe. Die Form ist bis auf den Mittelvers des Abgesangs durchgehend fünfhebig. Der letzte Vers reimt an den b-Reim des Aufgesangs an und ist mit V. 2.4 metrisch identisch.

Inhalt: Werbelied/Zeitklage. Während Str. I den Austausch körperlicher Zuneigung mit der Minnedame imaginiert, wehrt Str. II die Möglichkeit solcher froͤiden (ein wiederkehrendes Leitwort; II,3.7; I,4.7) für die Gegenwart völlig ab und endet ob der allgemeinen Entwertung höfischer Werte in Resignation, auch was den eigenen Sang betrifft.

Intertext: Inhaltliche und formale Entsprechungen gibt es zu dem Lied B Hausen 17–19 et al. (siehe auch den dortigen Liedkommentar): Touber argumentiert, dass es sich bei diesem um ein Lied »in bewußter Umkehrung« (Touber, S. 114) inhaltlicher Schwerpunktsetzungen von Walthers Lied handelt.

Sarah Hutterer