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Überlieferung: Das Lied ist in unterschiedlichem Strophenumfang und in divergierender Strophenreihenfolge überliefert: Alle Hss. bezeugen B I/C IV/E II/S III, in B ist überdies nur noch eine zweite Strophe überliefert (= CE I). CE weisen vier Strophen auf, wobei C III in E fehlt und die letzte Strophe (E IV) unikal in dieser Hs. überliefert ist. S bietet C II–IV (= E III, II; B I) in der Reihenfolge C III – II – IV; die Strophen eröffnen eine Liedeinheit unter der Überschrift Ich dijn byn (vgl. S Namenl/22ra 1–6). V. 5 und 6 sind in Str. I und II zu einem Vers mit Binnenreim zusammengezogen, in Str. III jedoch abgesetzt geboten.
In E schließt das Lied unmittelbar ohne Überschrift und zweizeilige Initiale an E 58-62 et al. an und erscheint dadurch als Teil dessen; auch eigenständige Formulierungen sowie das Fehlen der Zentralstrophe C III/S I sind neben der unikalen Zusatzstrophe in E auffallend (zur divergenten Überlieferung und ihren möglichen Gründen vgl. v. a. Steinmetz; Steinbach).
Form: 3-a 5b / 3-a 5b // 3-c 3-c 4d 5d
Kanzonenstrophe. Gelegentlich sind Auftakte zu verzeichnen (B II,2/4; C I,4; E I,6, II,4; S II,7f., III,7), besonders in S I,1-4, will man nicht gespaltene Senkungen in den ersten Takten eines Verses annehmen, außerdem in C IV,4, wenn man nicht Synalöphe ansetzt, und E I,4, nimmt man nicht die Betonung auf dû mit nachfolgender gespaltener Senkung (sihest) an. Gespaltene Hebungen sind für B I,6 (wesen), B II,8 et al. (tragen); C I,6 (ine), C II,7/E III,7 (nider); C III,7/S I,7 (tragent); E III,8 (mugest) anzusetzen. Hebungsprall liegt in E III,8 (báz múgest) vor, wenn man nicht von einem Auftakt (so) ausgeht, außerdem in S II,4 (dír dár). Überfüllt sind B I,4; E I,8; S II,1. Unterfüllung kommt häufiger vor (B I,8, II,2; E II,8; S I,2/4, III,8), markant in E III,4 (dreihebig) und C IV,7/E II,7 (zweihebig), was auf einen Überlieferungszusammenhang von CE hindeutet.
Inhalt: Werbelied. In B wird die Dame in Str. I zur Reflexion darüber aufgefordert, ob das Sänger-Ich ihr etwas bedeutet, gefolgt von einer Minnedefinition: Minne soll von zwei Liebenden geteilt werden. In Str. II schließt sich die Frage an, ob die Dame Abneigung gegenüber dem Sänger-Ich empfinde, worüber es seine Unwissenheit sowie seine Liebe bekundet. Das Grußverhalten der Dame, die das Sänger-Ich nicht anblickt, wird beklagt, einhergehend mit der Aufforderung, dies zu unterlassen und den Liebesschmerz mitzutragen. Mit dieser Strophe beginnen CE. In C folgt die Frage, ob die Verweigerung des Blickes als Vorsicht der Dame und mit guter Absicht zu deuten ist (Str. II). Das Sänger-Ich bietet den Blick auf den Fuß als alternative Grußform an (bzw. gebietet ihn). In Str. III rühmt es die Dame im Vergleich mit anderen, die besser sein mögen, seine Dame aber ist von hoher Güte (wie dies zu verstehen ist – ethisch oder standesbezogen – wird offengelassen). C endet in Str. IV mit einer Reflexion über die Empfindung der Dame gegenüber dem Sänger-Ich und der Minnedefinition, die das Lied in Hs. B eröffnete. In E ist dies die zweite Strophe, gefolgt vom Angebot des alternativen Grußes (Str. III). Die vierte Strophe beschließt das Lied in E mit der Beobachtung des Sänger-Ich, dass alle ihre Aufmerksamkeit der Füße der Frau oder der Füße des Sängers widmen (abhängig von der Interpretation des Genitivs); die Dame möge ihnen ebenfalls Beachtung schenken. Sie solle sich um Aufpasser keine Sorgen machen, denn um jene werde sich das Sänger-Ich kümmern. Der letzte Vers ist kryptisch: Entweder fordert er die Dame auf, die Füße zu beachten, woraufhin ein Vorgehen gegen die Aufpasser erfolgt (so Steinbach, S. 278), oder umgekehrt: Das Sänger-Ich erprobt sich zunächst im Einschreiten gegen die Aufpasser, danach möge das Grüßen der Füße erfolgen. Auch weitere, wenn auch weniger naheliegende Varianten, in denen der Vers insgesamt auf die Dame oder das Sänger-Ich bezogen ist, sind möglich.
Das Lied folgt in CE direkt auf C Wa 170-174 et al. und wurde zuweilen als Fortsetzung dessen verstanden (auch wegen der hsl. Einrichtung in E, s. o.); es weist zumindest Bezüge auf (Minnekonzeption, Frauenpreis, Unsicherheit der Liebeserwiderung). Beide Lieder werden vielfach als sog. ›Mädchenlieder‹ und ›Lieder der niederen Minne‹ kategorisiert, die sich an weibliche Personen nicht-adligen Standes richten und ein neues Minnekonzept proklamieren, was plausible Kritik erfuhr (vgl. Scholz, S. 119f.).
Mit C Wa 85-89 et al. hat das Lied die Grußthematik und die Minnedefinition gegenseitiger Liebe gemein. Außerdem bestehen Bezüge zu A Wa 111-115 et al. (Blickthematik und Gutsein der Dame) und C Wa 73-76 et al. (ethische Qualitäten der Dame). Deutlichere intertextuelle Bezüge bestehen zu A Wa 10-13 et al. (Begriff unmære, Motive des Grüßens, des Tragens, des Herzens, Minnedefinition), in E IV begegnet außerdem die dort vorkommende Phrase so denne daz (vgl. Nolte, S. 225f.; Steinmetz, S. 339f.).
Michael Lebzelter