Autor
Es gilt als wahrscheinlich, dass der Lied- und Spruchdichter her Reinmar von Brennenberg (C) Angehöriger eines Ministerialengeschlechts mit Sitz auf der Burg Brennberg bei Regensburg war. Der Name Reinmar ist für dieses Geschlecht im fraglichen 13. Jahrhundert mehrfach bezeugt; eine genaue Identifizierung ist bislang nicht gelungen. Dass Reinmars von Brennenberg Hofton bereits von dem von Wengen übernommen wurde (s. Kommentar zum Ton), spricht für eine Wirkungszeit schon um die Jahrhundertmitte.
Die Miniatur in C (fol. 188r) zeigt Reinmars Ermordung durch vier Bewaffnete: Zwei stechen ihm die Schwerter in Kopf und Brust. Wenn hier Realgeschichtliches festgehalten ist, lässt sich ein Bezug zu einer Regensburger Urkunde von 1276 herstellen: Diese bezeugt, dass ein nicht namentlich genannter Bruder Brunos von Brennenberg ermordet wurde; einer dieser Brüder war Reinmar III. Auch eine undatierte Memorialnotiz im Kloster Niedermünster in Regensburg weist auf einen erschlagenen Reinmar von Brennenberg hin (Rimarus de Prennberch occisus , s. Schröder, S 320f.; Meves, S. 779, 796). Allerdings war Reinmar III. 1272 noch unmündig, sodass Reinmar I. oder Reinmar II. als Autor doch eher in Frage kommen. Reinmar I. taucht in Urkunden der 1220er und 1230er Jahre mehrfach (z. B. im Zusammenhang der Zeugenschaft) an der Seite anderer Minnesänger auf. Meves, S. 779, schließt eine Verwechslung des Autors mit dem ermordeten Brennenberger durch den Miniaturenmaler von C nicht aus.
Eine andere Erklärung der Miniatur bezieht diese auf Reinmars Liedkorpus, besonders auf C Brenn 17, wo die geliebte Dame als morderin (V. 9) apostrophiert wird (Koschorreck, S. 107; Rüther, S. 279, 281–283). Dass die Miniatur einen Reflex der Bremberger-Sage darstellt, wurde ebenfalls angenommen (Obermaier, S. 7; Bumke, S. 29), ist allerdings nicht zwingend, da diese erst ab dem 15. Jahrhundert greifbar ist (Kischkel, S. 363). Inhalt der auch in Hofton-Strophen überlieferten Sage ist das vielfach belegte Narrativ, das hier mit dem Sänger Reinmar verbunden ist: die Entnahme seines Herzens durch einen eifersüchtigen Ehemann, der es seiner Frau, der Geliebten des Helden, auftischen lässt.
Kaum zur näheren historischen Einordnung Reinmars trägt D Namenl2 1 bei, eine unikal und anonym überlieferte Totenklage auf katalogartig aufgeführte Minnesänger. Der älteren Forschung diente die Strophe, die in Reinmars Hofton verfasst ist, dessen Situierung im literarischen Feld samt seiner Datierung, welche freilich schon durch die schwierige Identifizierung des zuerst genannten, offenbar zeitnah Verstorbenen (V. 3f.) problematisch ist (vgl. Kischkel, S. 366–368). Die neuere Forschung zeigt sich hier zurückhaltend, seit Kornrumpf/Wachinger, S. 402, Reinmars Verfasserschaft in Zweifel gezogen haben.
Überlieferung
Als authentisch gelten nur die vier Minnelieder und elf Sangspruchstrophen in C; die Autorschaft der anonymen Spruchstophe in D ist umstritten (s. o.). Überliefert sind die Spruchstrophen aus C außerdem in vielen späteren Handschriften und Drucken, und zwar zusammen mit einer Vielzahl von Neudichtungen im gleichen Ton und in diversen Bar-Kombinationen (s. u.).
Werk
Unter den vier Minneliedern Reinmars in C befinden sich drei Minneklagen, darunter eine mit Natureingang (C Brenn 4–7), sowie ein Frauenpreis, ebenfalls mit Natureingang (C Brenn 8–10). Lied C Brenn 1–3 nähert sich in Form und Inhalt der Spruchdichtung an (lange Verse, didaktischer Schluss).
Gattungsinterferenz ist auch charakteristisch für die elf Strophen im Hofton (de Boor, S. 407f.; Rettelbach, S. 161: sangspruchartiger »Minnesangton«): Inhaltlich geht es in ihnen um die Minneerfahrung eines Ich. Ihre ausladende Form (s. Kommentar zum Ton) ist aber die eines Spruchtons, und mit Ausnahme der letzten drei Strophen – sie bilden ein allegorisches Streitgespräch zwischen Liebe und Schœne – stehen sie, wie im Sangspruch üblich, in keinem festen Zusammenhang. Dass sie als Einzelstrophen betrachtet wurden (de Boor, S. 407f.; Sappler, S. 227; Baldzuhn, S. 380–385), zeigt auch die spätere Überlieferung, die einzelne von ihnen mit anderen Strophen desselben Tons zu unterschiedlichen Baren neu kombiniert (s. o.).
Sophie Marshall