Autor
Weder der Dichter noch eine Familie von Hamle sind urkundlich zu greifen. Die Sprache der Lieder weist wegen n-Schwunds im Infinitiv-Auslaut (vgl. im Reim C Hamle 3, V. 2, und C Hamle 6, V. 4) »nach Thüringen oder auf alle Fälle in eine Gegend, die Infinitive ohne Nasal kannte« (von Kraus, S. 267). Als Entstehungszeit wird aus stilistischen Gründen meist die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts angenommen.
Überlieferung
Die Manessische Liederhandschrift führt das Korpus Christians von Hamle im sogenannten Grundstock-Segment B, das 53 Korpora umfasst (vgl. Henkes-Zin, S. 39–43). Überliefert auf Lage VII, gehört Christan von Hamle zu einer Gruppe von Dichtern, deren Lieder auf blindliniiertem Untergrund in einer mittleren Phase der Entstehung des Grundstocks niedergeschrieben wurden »in einer bestimmten, zeitlich begrenzten Periode« (Salowsky, S. 264).
Die Miniatur zeigt den Dichter im Holzfass, das eine Dame mittels einer Seilwinde zu sich auf den Turm zieht. Das Motiv, das an die Sage vom Zauberer Vergil erinnert, erfreute »sich im späteren Mittelalter großer Beliebteheit« (Walther, S. 63; vgl. Lembke, Sp. 185). Wappen und Helmzier sind weiße Rauten auf silbernem Grund.
Werk
Auffällig ist die Freudeausrichtung der sechs unter Christan von Hamle überlieferten Lieder. In C Hamle 1–3 wird die die Liebeseinheit thematisiert; C Hamle 4–6 fällt durch eine pastourellenhafte Raumbildlichkeit und den personifizierten Anger auf, an dessen Stelle sich das Ich wünscht, um die Füße der Dame zu spüren; in C Hamle 7–11 wird die Dame im Anschluss an einen Sommernatureingang mit Sonne und Mond verglichen, auch ihre leuchtend roten Lippen setzen die Lichtsemantik fort; C Hamle 12–14 ist ein farbenfroher Frauenpreis mit Sommernatureingang; C Hamle 15–17 stellt die stete in den Mittelpunkt; C Hamle 18–21 schließlich ist ein Tagelied. Formal sticht der Reimreichtum ins Auge.
Die Forschung hat häufig Ähnlichkeiten zwischen Christan von Hamle und Heinrich von Morungen hervorgehoben (so bezeichnet z. B. Hübner, S. 313, C Hamle 7–11 geradezu als »Morungen-›Remake‹«); vgl. dazu Köhler, S. 159–181.
Simone Leidinger