Autor
Konrad von Kirchberg wird einem schwäbischen Grafengeschlecht zugeordnet, dessen Stammsitz südlich vom heutigen Oberkirchberg (bei Ulm) lag. Die Lieder, von denen eines in der Tradition Neidharts steht, werden in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts bzw. Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden sein. Für diesen Zeitraum sind vier Personen mit Namen Konrad nachgewiesen (vgl. Meves, S. 720–723). Insbesondere Konrad I. (bezeugt ab 1255, verstorben vor dem 2. Februar 1286) und Konrad III. (bezeugt 1281–ca. 1314) wurden von der Forschung als Minnesänger diskutiert – die zeitliche Nähe zu Gottfried von Neifen spricht für Konrad I. (auch urkundet er z. B. gemeinsam mit Graf Gottfried von Calw, der wohl mit dem in C Buch 11 genannten Kalwere identisch ist, vgl. den Autorkommentar zu Der von Buchein), für den jüngeren Konrad III. wird sprachgeschichtlich argumentiert (vgl. Meves, S. 724; Konrad II. nehmen nur Walther, S. 24, und Zapf, Sp. 486, in Betracht). Das rot-weiß gestreifte Wappen, das der Miniatur Konrads in der Manessischen Liederhandschrift beigegeben ist, ist jenes der Grafen von Schelklingen, von denen Konrad I. mütterlicherseits abstammt (vgl. Walther, S. 24).
Überlieferung
Ein Autorkorpus zu Konrad von Kirchberg führt ausschließlich die Manessische Liederhandschrift. Es ist Teil der sogenannten Ursammung der Handschrift, zu der unter anderen auch Gottfried von Neifen zählt (vgl. Henkes-Zin, S. 25). Die Strophen C Kirchb 3f. und 12–22 sind dabei Nachträge des Schreibers AS (vgl. ebd., S. 39, Anm. 124, und S. 80). Die Miniatur Konrads zeigt relativ mittig einen berittenen Ritter. Den linken Bildrand nimmt ein Turm ein, in dessen oberer Hälfte eine Burgdame im Fenster steht, die dem Ritter ein Schriftband reicht (vgl. Walther, S. 24).
Ein Lied (C Kirchb 5–9) ist mit teilweise erheblichen Abweichungen in der neunten Lage von B parallel überliefert. Für diese Lage ist dabei weder »die Anwendung des Autor- noch des Korpusprinzips [...] eindeutig nachweisbar. Streng genommen liegt [...] kein Autorcorpus vor, sondern eine Sammelüberlieferung mit den Liedern Neidharts, Gölis, Konrads von Kirchberg sowie mit einigen Tönen, deren Verfasserschaft zumindest ungesichert ist« (Holznagel, S. 33).
Werk
Jedes der sechs Lieder beginnt mit Natureingang, wobei sich in der Handschriftenfolge Sommer- und Winternatureingang abwechseln. Die Lieder fallen zudem durch einprägsame, teils lehrhafte oder sprichwörtliche Elemente auf. In C Kirchb 5–9, das in B im Neidhart-Kontext überliefert ist, stechen eine Reminiszenz an Walthers von der Vogelweide Saget mir ieman, waz ist minne (A Wa 13 et al.) und eine gewitzte Andeutung der erfüllten Liebe heraus. Die Nähe zu Neidhart ist mit C Kirchb 15–19 auch inhaltlich zu greifen: Das Tanzlied lehnt sich unter anderem mit seinem Sommernatureingang und einer Aneinanderreihung von Mädchennamen (vgl. Str. III) an Neidharts Sommerlieder an. Die Minneklage C Kirchb 1–4 bezieht sich mit Str. II auf die sprichwörtliche Kraft von Steinen, Kräutern und Worten, die im Vergleich mit der Kraft der Worte der Geliebten verblasse, während in Str. III die wahre Liebe von jener abgegrenzt wird, die durch Amor und Venus verursachten wird. C Kirchb 10f. ist formal schlicht und eher eine Variation konventioneller Minnelieder; C Kirchb 12–14 mischt Klage-, Preis- und lehrhafte Elemente, während das Ich sich in C Kirchb 20–22 auf Recht und Gerechtigkeit in der Liebe beruft.
Simone Leidinger