Sevelingen wird heute mit Sölfingen bei Ulm identifiziert. Urkundlich bezeugt ist ein Rudolfus, miles de Sevelingen erstmals 1220 in einem Vertrag zwischen dem Abt Burkhard von St. Georgen und dem Grafen Hartmann von Dillingen. Hinweise auf Meinlohus de Sevelingen, einen Ministerialen im Dienst des Dillinger Grafen, finden sich um 1240. Doch da der Dichter Meinloh von Sevelingen aus stilgeschichtlichen Gründen der Frühphase des Minnesangs zugeordnet wird (eine Wirkzeit um 1160/70 wird vermutet), geht man gemeinhin davon aus, dass er ein Vorfahre jener später urkundlich Bezeugten wäre. Über ihn selbst sind keine weiteren Zeugnisse bekannt (vgl. Altenhöfer, Sp. 79; Schweikle, S. 378; Schweikle, Sp. 315).
Handschriftliche Zeugnisse
Überliefert sind insgesamt 14 Strophen, elf sowohl in der Weingartner Liederhandschrift (B) als auch im Codex Manesse (C), drei sind unikal in der Großen Heidelberger Liederhandschrift zu finden. In C gehört das Korpus Meinlohs zur XI. Lage sowie zu einem Teil des Grundstock-Segments B, in welchem die dort überlieferten Korpora grundsätzlich eine große Nähe zur Weingartner Liederhandschrift aufweisen (vgl. Henkes-Zin, S. 124). Die in B und C parallel überlieferten Strophen werden in den Handschriften in der gleichen Reihenfolge geboten und unterscheiden sich punktuell im Textbestand; die größte Abweichung liegt in den zwei Zusatzversen von B Meinl 2. Allerdings ist in C die allgemeine Tendenz zu erkennen, unreine Reime zu bessern. Darüber hinaus findet sich die zweite der nur in C überlieferten Strophen (C Meinl 13) erneut im Codex Manesse, und zwar im Korpus Reinmars (C Reinm 228).
Die Miniaturen
Die Miniaturen beider Handschriften zeigen ein zweigeteiltes Bild: Oben, durch einen horizontalen Strich vom unteren Bildteil abgetrennt, ist ein Wappen mit drei gekrönten Köpfen zu sehen, welche in C als silberne Löwenköpfe identifizierbar sind. Rechts neben dem Wappen (in B darüber) befindet sich ein Helm mit zwei goldenen Hörnern, deren Form animalische und florale Züge trägt (Parallelen zu einem Schwanenhals mit Lindenblatt sind erkennbar, in B lassen Form und Muster auch an Löwenschwänze denken). Ein historischer Bezug von Schild und Helm ist jedoch nicht gesichert (Markgraf, S. 41f., sieht eine Parallele zum Wappen der Dillinger Grafenfamilie). Im unteren Bildteil ist das Gespräch zwischen einem Mann und einer Frau dargestellt – eine Gesprächssituation, die in C nicht nur durch Körper- und Handhaltung signalisiert wird, sondern zudem durch die Schriftrolle als Attribut des Dichters. Auffällig im Bildvergleich ist insbesondere die Position der weiblichen Figur: Wo in B Mann und Frau mittig einander zugewandt dargestellt sind, steht in C die weibliche Figur näher am rechten Bildrand und ist dergestalt gewunden, dass sie sich einerseits zum Mann hinwendet, andererseits von ihm ab – Annäherung und Abkehr kommen gleichzeitig zum Ausdruck (zur Beschreibung des Bildes in C vgl. auch Walther, S. 87).
Die Form
Die in C doppelt überlieferte Strophe (C Meinl 13 / C Reinm 228) ist, genauso wie die ihr im Meinloh-Korpus folgende (C Meinl 14), eine Stollenstrophe und hebt sich dadurch formal von den anderen unter Meinloh überlieferten Strophen ab. Die Zuschreibung dieser beiden Strophen zu Meinloh ist allerdings umstritten: Tervooren, S. 212–214, spricht sich für die Zuordnung zu Reinmar aus. Schweikle, S. 387, hingegen sieht in der Stollenform der unter Meinloh überlieferten Strophen ein mögliches Argument dafür, Meinloh als einen Dichter des Übergangs zu verstehen.
Neben den Stollenstrophen prägen paargereimte Langzeilenstrophen mit reimlosen Kurzzeilen das Korpus, wobei drei Strophen durch einen kürzeren letzten Vers formal von den anderen Strophen abweichen (C Meinl 2 sowie BC Meinl 5 und 8). MF/MT fassen jene abweichenden Langzeilenstrophen zu eigenen Tönen zusammen (II: BC Meinl 5 8; III: BC Meinl 2 [abgedruckt nach B]).
Der Inhalt
Inhaltlich sind die Strophen selbstständige Sinneinheiten, bei denen jedoch Querbezüge erkennbar werden. Gleichzeitig zeigt sich eine große Varianz der Themen und Motive: Frauen-, Männer und Botenstrophen stehen zusammen mit eher spruchhaften Strophen. Zur engen Verschränkung von Sangspruch und Minnelied bei Meinloh vgl. Huber sowie Brem, S. 97–101. Zudem wird der provenzalische Einfluss deutlich. (Eine Übersicht über die Motive, die von romanischem Einfluss zeugen, gibt Kasten, S. 595.) Allgemein fällt die eher gedanklich-abstrakte Sprache auf, welche Parallelen zu Reinmar hat. Worstbrock, S. 147–151, sieht in der Strophe BC Meinl 1 Parallelen zum Strukturmodell der ars dictandi. Jungbluth, S. 119, schlägt vor, alle Langzeilenstrophen »als eine ›ars dictandi‹ für Minnesinger zu deuten, eine Mustersammlung von Motiven, Gedanken, Ausdrucksweisen für die Dichter«. Doch bleibt es nicht bei einer Aneinanderreihung von voneinander unabhängigen Einzelstrophen. Vielmehr erzeugen Form und Inhalt ein Maß an Kohärenz, das einerseits (insbesondere in C) eine gewisse Einheit herstellt; andererseits erscheint eine freiere Kombination der Strophen (zu verschiedenen Vortragseinheiten) denkbar.
Die Frage nach einem Zyklus
Häufig werden aus inhaltlichen und formalen Gründen Dreierzyklen der Form BC Meinl 1–3, 4–6, 7–9, C Meinl 10–12 / B Meinl 10–11 angenommen: Der Überlieferung in C folgend, umschließen hierbei je zwei Strophen, deren letzte Langverse um einen Kurzvers erweitert sind, eine Strophe, deren letzter Vers eine solche Schlussbeschwerung nicht aufweist. (Eine Ausnahme stellt der letzte Kleinzyklus dar, dessen Strophen alle auf einen erweiterten Langvers enden.) Von solchen, letztendlich aber variabel zu denkenden Kleinzyklen, geht etwa Schweikle, S. 379, aus. Hübner, S. 59–62, führt ferner die Zusammenstellung von BC Meinl 1–3 auf eine spätere Redaktion zurück, die ein dreistrophiges Lied mit breit ausgeführtem Frauenpreis im Mittelteil hergestellt hat. Boll, S. 178–181, fasst BC Meinl 7–9 und C Meinl 10–12 / B Meinl 10–11 als Wechsel auf.
Im Unterschied zu diesem Blick auf Dreierzyklen versuchen sich einige Forschungsansätze an einer Ordnung des gesamten Korpus. Insbesondere in der älteren Forschung wurden unterschiedliche Versuche unternommen, die Langversstrophen Meinlohs anhand ihrer vermeintlichen Entstehungszeit im Rahmen einer angenommenen Biographie neu zu ordnen. (Eine Übersicht über frühe Gruppierungen geben Ipsen, S. 331–339, und Jungbluth, S. 111.) Kropik bezieht die abschließenden, in der Parallelüberlieferung mit Reinmar verbundenen Strophen mit ein. Dabei erstellt sie ausdrücklich eine narrative Chronologie und versteht diesen »(pseudo-)
Sandra Hofert
Incipit | Hs. | Strophen | Editionen |
B | 1–11 | MF 11,1 | |
C | 1–12 | MF 11,1 | |
C | 13 14 | MF 195,3 |
Parallelüberlieferung mit anderer oder fehlender (Text-)Autorangabe |
|||
C | 227 228 | MF 194,34 | |
C | 228 | MF 195,3 |