Autor
Ausgehend von dem Anniversar des Zürcher Großmünsters werden drei urkundlich belegte Zürcher Bürger aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. bzw. Anfang des 14. Jh. als Dichter in Erwägung gezogen: ein 1272 und 1275 nachweisbarer Kanoniker, daneben Ratsherr Heinrich Teschler sowie dessen seit 1286 nachgewiesener Sohn, magister und meister Heinrich Teschler, gestorben wohl nach 1310. Schiendorfer, Sp. 713, spricht sich dafür aus, letzteren mit dem Dichter zu identifizieren.
Überlieferung
Unter Meiſter Heinrich Teſchler (rubrizierte Textüberschrift auf fol. 282r) überliefert der Codex Manesse 39 Strophen, zusammengefasst zu 13 dreistrophigen Kanzonen (mit Ausnahme von C Tesch 34–37 als einziges Lied mit Refrain). Geschrieben von Schreiber FS bilden sie gemeinsam mit dem Korpus des Rost, Kirchherrn zu Sarnen, die Nachtragslage 26. Eine Parallelüberlieferung des letzten Liedes findet sich zudem im Korpus Walthers von der Vogelweide, geschrieben vom Schreiber ES (vgl. Henkes-Zin, S. 18, 34f.). Über der ersten Strophe wurde hier in kleinerer Schrift die Zuordnung zu Meiſt͛ Heinr̄ Teſchler nachgetragen.
Im Zentrum der Miniatur, die vom ersten Nachtragsmaler N I angefertigt wurde, steht ein Bett, in welchem eine Dame liegt, die im Begriff ist, mit ihrer linken Hand die Decke über ihren entblösten Oberkörper zu ziehen, während sie mit ihrer rechten den vor ihrem Bett knienden Dichter abweist. Der Kniende, dessen Körperhaltung wie die eines Vasallen vor seinem Lehensherrn Dienstergebenheit zeigt, trägt einen grünen Kapuzenmantel, unter dem rote Ärmel und Strümpfe zu sehen sind; mit gefalteten Händen ist er bittend der Dame zugewandt. Am Rand finden sich zwei weitere, kleiner gezeichnete Figuren: Links eine Dienerin, rechts ein Knappe mit Rundschild und Schwert. Über der Szene hängt ein grüner Vorhang, über welchem sich wiederum Wappen und Helm befinden: Als redendes Wappen (vgl. Walther, S. 191) zeigt es in damasziertem Silber eine schwarze Tasche; die gleiche Tasche ziert auch den links daneben abgebildeten Helm. Koschorreck, S. 121, sieht eine Parallele des Bildes zu einer Episode aus Ulrichs von Liechtenstein ›Frauendienst‹-Roman. Aufgrund der erotischen Konnotation der Szene stellt Vetter, S. 217, das Bild neben die vom gleichen Nachtragsmaler angefertigten Miniaturen zu Rost und Jakob von Warte. Schiendorfer, Kap. Teschler, vermutet, dass N I diese drei Zürcher Zeitgenossen, Rost, Jakob von Warte und Heinrich Teschler, persönlich kannte.
Werk
Seine Lieder sind überwiegend reflektierende Minneklagen. Ein zentrales Motiv der ersten fünf Lieder ist das vorbildliche Verhalten des Sprechers, orientiert an den Werten mâze, bescheidenheit und vuoge: Die Erfüllung seines Minnewerbens würde er mit fuͦge in der bescheidenheit (C Tesch 3, V. 7) tragen, beteuert der Sprecher. In seiner Beständigkeit hat er seiner Geliebten immer vorbildlich gedient, sodass er ihr die Schuld an seinem Leid gibt: si hat gesu̍ndet sich (C Tesch 5, V. 9); gar unverschulde lide ich dinen zorn (C Tesch 7, V. 7); sit ich gegen ir bin schulden fri (C Tesch 11, V. 12). Dagegen steht im achten Lied die Maßlosigkeit von Frau Minne im Mittelpunkt, die den Sprecher erneut in Leid stürzt (C Tesch 22–24). Er bittet sie um Rat, wie er seiner Gliebten die Aufrichtigkeit seiner Minne mit schoͤner fuͦge (III,12) zeigen kann. Die Lieder neun (C Tesch 25–27) und zehn (C Tesch 28–30), formal identisch und inhaltlich eng miteinander verbunden, thematisieren die Unwissenheit der Geliebten und die möglichen Folgen für sie und den Sprecher, sollte er ihr seine Minne offenbaren. Am Ende des zehnten Liedes entschließt er sich, ihr seine Minne mit gefuͦgen dingen (III,8) zu verkünden. Auch im siebenten Lied, einem Tagelied (C Tesch 19–21), appelliert der Wächter an die mâsse (I,11) der Liebenden, sodass sich das Paar schließlich mit bescheidenlichen sitten (III,12) trennt.
Daneben thematisieren verschiedene Lieder die Rolle des Sängers als Freudenspender der Gesellschaft: Sein Minneleid macht es dem Sprecher unmöglich, einen Freudengesang anzustimmen; ein Klagelied dagegen möchte er fortan nicht mehr singen (C Tesch 16–18). Nur, wenn er nicht mehr innerlich leiden würde, könnte er auch der Welt wirkliche Freude schenken (C Tesch 31–33). Den Gegensatz von Außen und Innen aufgreifend verhindert die huͦte im zwölften Lied (C Tesch 34–37) eine Vereinigung der Liebenden; nur das Herz des Sprechers kann bei seiner Geliebten sein, so der Refrain.
In der Forschung (so etwa bei Bartsch, S. LXVII, und, diesem folgend, Meyer) wird das Korpus gelegentlich in zwei Teilzyklen unterteit, die um das Tagelied herum gruppiert zu sein scheinen: »Der erste endet mit dem Topos resignierten Verstummens (6.III) [C Tesch 18], der zweite beginnt mit der Ankündigung eines neuen Dienstverhältnisses – einer niuwen minnelast (8.I.7) [C Tesch 22] –, welches endlich zum angestrebten Erfolg der Werbung führt (13.I.1) [C Tesch 38]« (Schiendorfer, Sp. 714).
Sandra Hofert