Autor
Das freiherrliche Geschlecht derer von Teufen ist nach seinen zu Teufen am Irchel (Zürich) gelegenen Stammburgen benannt. Der Dichter stammt vermutlich aus der älteren Linie mit der Stammburg zu Alt-Teufen; unsicher ist jedoch die Identifizierung mit dem einzigen, 1219 und 1223 zusammen mit seinem Bruder Kuno, urkundlich bezeugten Wernher von Teufen (zum Autor vgl. auch Schiendorfer, Sp. 957f., sowie Jahn, Sp. 181).
Überlieferung und Werk
Unter Her W͛nher von Tu̍fen (rubrizierte Bildüberschrift auf fol. 69r) überliefert der Codex Manesse unikal 17 Strophen; als Teil der VII. Lage gehört das Korpus zum Grundstock-Segment B. Auffällig sind die zahlreichen Lücken und Nachtragsstrophen: Auf fol. 69va steht zunächst ein dreistrophiges Lied, gefolgt von zwei Strophen in einem anderen Ton. Der Rest der Spalte sowie der Beginn von fol. 69vb sind frei, womit ungefähr Platz für drei weitere Strophen gelassen wurde. Danach folgt ein fünfstrophiges Lied, wobei die dritte, vierte und fünfte Strophe nachgetragen worden sind. Die nächste Seite beginnt auf fol. 70ra wiederum mit einer Lücke von vier Zeilen, woran sich ein sechsstrophiges Lied anschließt, gefolgt von einer nachgetragenen Sangspruchstrophe. Der Rest der Seite ist frei. Vier Strophen im Korpus sind also eindeutig Nachtragsstrophen; weitere Nachträge waren wohl vorgesehen (vgl. auch Henkes-Zin, S. 17, 34, 78).
Drei der vier Lieder setzen mit Natureingängen ein: In C Teuf 1–3 sowie C Teuf 6–10 stehen die heraufbeschworenen Sommerfreuden, an denen sich die Welt erfreuen soll, dem Minneleid des Sprechers gegenüber; in C Teuf 4 5 ist es der eingebrochene Winter, der parallel zur Minneklage des Ichs steht. C Teuf 11–16 verbindet Minnepreis mit Minneleid.
C Teuf 17 hebt sich inhaltlich und formal vom Rest des Korpus ab: Als Sangspruchstrophe, vermutlich im IX. Ton des Bruder Wernher, thematisiert sie die Authentizität der Rede und kritisiert das Missverhältnis von Worten und wahrer Gesinnung. Gleichzeitig wird der didaktische Duktus unterlaufen von klangspielerischen Momenten und rätselartigen Sprechweisen.
Die das Korpus eröffnende Miniatur zeigt den Dichter zusammen mit seiner Dame zur Falkenjagd ausreitend. Sie hält den Falken als höfisches Standesattribut in ihrer linken Hand, während sie sich mit Gesicht und Oberkörper zum Betrachter hin- und damit vom Ritter abwendet. Dieser wiederum sucht ihre Nähe, hat seine linke Hand um sie gelegt und zeigt mit seiner rechten auf ihren Mund. Die beiden Reitpferde spiegeln das Geschehen und gehen darüber hinaus: Während das Pferd des Ritters jenes der Dame in die Mähne beißt, wendet sich der von der Dame berittene Grauschimmel nicht nur von dem tierischen Minnepartner ab, sondern ›küsst‹ den Fuß des männlichen Reiters. So unterstützen die Pferde nicht nur als tierische Stellvertreter die erotische Konnotation der Szene, indem sie das »zärtliche Spiel« (Frühmorgen-Voss, S. 199) ihrer Reiter nocheinmal aufnehmen, sondern machen aus Mensch und Tier eine kreuzweise miteinander verschränkte Einheit: Ist der Kuss des Grauschimmels eine ironisierende Darstellung des vom Ritter ersehnten Kusses der Dame, welche als höfische Dame seinem Werben nicht selbst nachgeben darf? Oder spiegelt sich in den beiden Paaren die Differenz von mundes minne (C Teuf 17, V. 4) (vgl. auch die Zeigegeste des Ritters auf den Mund der Dame) und wahrer, unverstellter Zuneigung, die Wernher von Teufen in seinem letzten Spruch anklagt?
Das Wappen im oberen Bildbereich zeigt, auf rotem Grund, einen goldenen Topfhelm, aus dem eine Gans (mit Adlerschnabel?) emporsteigt; ebenso erscheint die Gans auch als Helmzier rechts neben dem Schild. Das ist, mit etwas Toleranz bei der Interpretation des Vogels, das Wappenbild des freiherrlischen Geschlechts Alt-Teufen (HMS, IV, S. 115, beispielsweise sieht im Wappen der Miniatur einen Adler, der von dem historisch bezeugten Schwan abweicht; zur Gans als Wappentier derer von Alt-Teufen vgl. Hildebrandt, S. 706).
Sandra Hofert