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Goeli, ›Willekomen, sumerwetter suͤsse‹ (C 6–17) Lied zurückLied vorDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Mit teilweise erheblichen Unterschieden in der Strophenauswahl, -reihenfolge und im Wortlaut überliefern vier Überlieferungszeugen einen Strophenverbund aus insgesamt 13 Strophen: Ein zwölf­stro­phiges Lied steht in C im Korpus Goe­lis. Parallelüberlieferungen zu sieben dieser Strophen finden sich in anderer Reihenfolge in B (I, X, II, IV, VI, VII, III). Die Berliner Neidhart-Handschrift c überliefert unter Der Waibell ein elf­stro­phiges Lied, wobei die Strophen B II / C X, BC IV hier keine Parallelüberlieferung haben, dafür eine unikal überlieferte Strophe an zehnter Stelle eingefügt ist (orientiert an C ergibt sich damit die Folge I, II, VI, VII, V, VIII, IX, III, XI, c *Neidh 351, XII). In der ersten Strophe ist Platz ausgespart, die fehlenden Verse sind jedoch nicht nachgetragen. Das Neidhart-Fragment O3 wiederum überliefert fünf Strophen, davon die erste mit Melodie, allerdings aufgrund von Materialverlust fragmentarisch (orientiert an C sind die Strophen angeordnet: I, II, III, VI, VII).

Liedzusammenhang

In der Forschung wurden meist drei Lieder angenommen: C I–VII / B / O3, C VIII–IX, C X–XII. Die in B zweite Strophe (als Parallelüberlieferung zu C X) gilt als Einschub, »der vermutlich wegen der Ähnlichkeit des Strophenanfanges mit dem Beginn von B 52 [B I] an dieser Stelle eingetragen wurde, aber aus einem anderen, wenngleich metrisch sehr ähnlich gebauten Ton stammt« (Holznagel, S. 337). Beim Blick auf den Inhalt lässt sich eine Dreiteilung für C nachvollziehen (Ordnung nach Natureingängen), wenngleich sie nicht zwangsweise angenommen werden muss; formal zeigt sich eher die Verbindung zweier Tonvarianten (Kadenzalternation im d-Reim, s. u.). Demzufolge setzt etwa von der Hagen (HMS) zwei Lieder an, wobei er C III mit den Strophen C VIII–XII et al. sowie c *Neidh 351 zu einem Lied zusammenfasst. Die Unterteilung in verschiedene Lied­ein­heiten wurde bereits in der Forschung insbesondere in Hinblick auf die Überlieferung in c relativiert: »Der Schreiber bzw. ein früherer Bearbeiter haben Textmaterial aus allen drei Liedern geradezu miteinander verschmolzen und aus den ursprünglich sicher selbständig existierenden Lied­ein­heiten ein ganz neuartiges Textgebilde entstehen lassen« (Bärmann, S. 110). Wie ›sicher‹ die Annahme von (zwei? drei?) selbstständigen Lied­ein­heiten sein kann, ist heute nicht letztgültig zu entscheiden, weswegen die vorliegende Edition von einem gleichtonigen Strophenverbund (mit formaler Variation) ausgeht.

Form: 5-a 3-b 5-c / 5-a 3-b 5-c // 4-d 3-e 4-d 4-d 5-e

Es liegen elfversige Stollen­stro­phen vor. Die Verse 2 und 5 ließen sich auch daktylisch zweihebig mit Auftakt lesen.

In C V fehlt ein Vers; in c ist die erste Strophe unvollständig, in O3 sind die ersten drei Strophen fragmentarisch. Auftakte finden sich vereinzelt (vermehrt in C IX–XII et al. sowie c X). Unterfüllt sind BC I,3; C IX,1; c VI,5; c I,6. Gestörter d-Reim in C VII / O3 V (vielleicht verschobene Versgrenze in V. 7f.). Unreiner b-Reim in C VII; unreine c-Reime in C I und C VII / O3 V; O3 IV sowie c II und c VII; unreine d-Reime in c I; c VII sowie O3 I; unreiner e-Reim in O3 IV. Waise mit männlicher Kadenz in C II,7. Männliche Kadenz außerdem im d-Reim von C III, VIII–XII, wobei der Reim in VIII gestört ist. Ebenfalls mit männlichem d-Reim sind die Parallelüberlieferungen in B (B II, VII), O3 (III) und c (c VI–IX und XI) sowie die in c unikal überlieferte Strophe X. So scheinen in C und c zwei Formvarianten hintereinander zu stehen (erst Strophen mit weiblicher Kadenz im d-Reim, dann jene mit männlicher Kadenz und tendenziell vermehrtem Auftaktgebrauch); in B und O3 stehen Strophen mit entsprechenden Abweichungen punktuell zwischen anderen Strophen.

Inhalt: Neidhart-ähnliches Sommerlied.

Fassung C

Drei Naturbilder teilen das zwölf­stro­phige Lied in C in drei Strophengruppen.

I–VII: Die maget (I,4) Else (V,1) (Identifikation der Sprecherin in IV,3) begrüßt den Sommer und fordert alle zum Tanzen auf, wobei sie Kuͦnze (IV,5) lobt, den sie Giselbreht[] (IV,7) vorzieht. Das wirft ihr eine andere Sprecherin (Bele [IV,6]?) vor, die wiederum Giselbreht (V,1) preist und ihn dazu aufruft, den Tanz anzuführen. In Str. VII schließlich berichtet ein Erzähler vom Tanzgeschehen.

VIII–IX: Mit einem erneuten Naturlob scheint in C eine inhaltliche Zäsur markiert zu sein. Jetzt richtet sich der Sprecher gegen die doͤrpel (VIII,4), von denen er vier namentlich nennt. Unklar bleibt, ob mit uns (VIII,4) die gleiche Personengruppe gemeint ist wie in den ersten Strophen.

X–XII: Nachdem in einem weiteren Naturbild die Sommerfreude mit dem Nachtigallengesang verbunden wird, berichtet der Erzähler von einer schumpfentu̍re (XI,1): Er wettert gegen einen gelockten krispel (XI,5) mit Löwenmähne, den er am Ende zum Kampf aufruft.

Besonderheiten der Fassung B

B bietet mit sieben Strophen eine homogenere Version: Das Lob der Nachtigall aus C X führt hier als B II das Naturbild aus BC I fort, sodass in B die ersten vier Strophen als wörtliche Rede Elses zu verstehen sind, welche die Natur preist und zum Tanzen aufruft. C V, in der eindeutig der Sprecherwechsel markiert ist, hat keine Parallelüberlieferung in B, sodass der Konflikt der beiden Sprecherinnen abgeschwächt wird. Dazu passt auch, dass die Parallelüberlieferung zu C III, in der die erste Sprecherin Kuonze lobt, in B das Lied abschließt: So bleibt offen, welcher der vorher namentlich Genannten mit dem waibel (VII,1) gemeint ist. Und auch, wer das Sprecher-Ich von B V ist, bleibt mehrdeutig (B V,4: ich, CcO3: du): Ist es Kuonze, der Giselbrecht das Amt des Trommelführers zuweist, das hier nicht identisch ist mit der Rolle des Tanzanführers, welche er für sich selbst beansprucht?

Besonderheiten der Fassung c

Noch stärker als in B tritt der Konflikt der beiden Sprecherinnen zu Beginn in den Hintergrund: Die erste (gestörte) Strophe gibt keinen expliziten Hinweis auf eine intradiegetische Sprecherin (c I,4 im Gegensatz zur Parallelüberlieferung), sodass die ersten beiden Strophen Sommerfreude und Tanzstimmung aufrufen, bevor dann in der dritten Strophe mit Giselbrecht (III,1) als Tanzführer die Schilderung des Tanzes beginnt, im Laufe derer verschiedene Namen aufgerufen werden. So steht die fünfte Strophe, mit der in C die Gegenrede der zweiten Sprecherin einsetzt, in c losgelöst vom Kontext.

Ab c VI steht die Dörperschelte im Fokus, wobei nicht nur, wie angekündigt, vier törper (VI,4) genannt werden, sondern ein fünfter hinzu tritt: Cunczelein (VIII,1). Die Lobstrophe C III steht hier also im Kontext der Dörperschelte und wird ironisiert. Die Gegnerfiguren des Erzählers, Cunczelein und Partenczoÿ (XI,9), gehen ineinander über. Die unikal überlieferte Zusatzstrophe c X malt den Spott weiter aus.

Besonderheiten der Fassung O3

Aufgrund von Materialschaden sind die ersten Strophen nur fragmentarisch überliefert, trotzdem lässt sich eine weitgehende Parallele zu C feststellen. Die Sprecherin ist in O3 I,4 explizit markiert, doch es bleibt unklar, wo genau ein Sprecherwechsel anzusetzen ist. Da auf die dritte Strophe unmittelbar die Aufforderung an Gyselbrech (IV,1) folgt, den Tanz anzuführen, scheint das Lob des hovesche[n] knape[n] (III,1) auf diesen bezogen zu sein. Das Lied endet mit der Schilderung des Tanzgeschehens, sodass der in c so prominente Konflikt zwischen dem Erzähler und den Dörpern ganz in den Hintergrund tritt.

Sandra Hofert

Kommentar veröffentlicht am 18.01.2024.
Gehört zur Anthologie: Neidhartisches Sommerlied
 C Goeli 6 = SNE I: B Str. 52; HW XVIII,10; SMS 20 2 IZitieren
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 I
 
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 II
 
 C Goeli 8 = SNE I: B Str. 58; HW XXII,8; SMS 20 2 IIIZitieren
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 III
 
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 IV
 
 C Goeli 10 = SNE I: B Str. 52-58 (C V); HW XIX,21; SMS 20 2 VZitieren
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 V
 
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 VIII
 
 C Goeli 14 = SNE I: B Str. 52-58 (C IX); HW XXI,18; SMS 20 3 IIZitieren
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 C Goeli 16 = SNE I: B Str. 52-58 (C XI); HW XXIII,10; SMS 20 4 IIZitieren
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 C Goeli 17 = SNE I: B Str. 52-58 (C XII); HW XXIV,7; SMS 20 4 IIIZitieren
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