Überlieferung: Das zweistrophige Lied ist parallel in B und C überliefert.
Form: Wie der vorausgehende Ton ermöglicht die Form unterschiedliche Interpretationen (vgl. Brunner, S. 220). Es können Langzeilen- oder Kanzonenstrophen angenommen werden; in der Forschung wurden bisher verschiedene Möglichkeiten erwogen: Lachmann und Haupt (MF/LH) bilden neun Kurzverse ab; Vogt (MF/V), von Kraus (MF/K) sowie Moser und Tervooren (MF/MT) nehmen drei zäsurierte Langverse, einen Kurzvers und einen abschließenden Langvers mit Zäsur an. Eine Übersicht über die in früheren Editionen erwogenen Möglichkeiten geben Moser und Tervooren (MF/MT, Apparat). Um die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten offen zu halten, orientiert sich die vorliegende Edition am Endreim. So verstanden liegen neunversige Stollenstrophen vor mit einer Kreuzreimperiode im Aufgesang, einem Waisenvers zu Beginn des Abgesangs und einer abschließenden Periode mit umschließendem Reim. Die Versfüllung variiert; die Auftaktgestaltung ist frei; die Alternation ist mehrmals durchbrochen. Ohne Berücksichtigung der Auftakte ließe sich als Grundform angeben: 3-a 3b / 3-a 3b // 3-x 3c 4-d 3-d 4c
Unreiner d-Reim in B I. Unterfüllt ist B I,9.
Inhalt: Wechsel oder, da Str. II eventuell auch als Frauenstrophe lesbar ist (so z. B. in MF/LH), Frauenlied. Gegen die Interpretation von Str. II als Frauenstrophe sprechen u. a. der Edelsteintopos in II,8 sowie die Publikumsanrede in II,7 (vgl. Boll, S. 251).
Beide Strophen gehen von gegenseitiger Minne aus. Dabei erinnert der Verweis auf den bevorstehenden Abschied des Geliebten, mit dem die erste Strophe einsetzt, an eine Tageliedsituation. Würde er nicht wieder zurückkommen, verlöre sie ihr Leben.
Die zweite Strophe preist den Partner und die gemeinsam verbrachte Zeit. Nacht und Tag bleibt er in den Gedanken des Ichs: Wie Edelsteine, die in Gold eingefasst werden, ziert der Partner die Sinne des Ichs. Diese Innen-Außen-Metaphorik spielt vielleicht auf die Überwindung der äußeren Trennung durch das Wohnen des Geliebten im Herzen des Liebenden an, könnte aber auch allgemein die Vereinigung der Liebenden symbolisieren (vgl. auch den Wortzusammenhang von gelag [II,1] und leit bzw. lait [II,9]).
Sandra Hofert