Überlieferung: Die Strophe ist in der Basler Rolle und in C überliefert.
Form: .3-a .4b .3-a .4c .3d / .3-e .4b .3-e .4c .3d // .4f .3-g / .4f .3-g / .3-h .4i .3-h .4i .3i.,
Tonkommentar.
B3 Kanz 6 scheint, soweit die schlechte Überlieferungsqualität überhaupt ein Urteil zulässt, im zweiten Stollen des Aufgesangs vom Reimschema des Tons abzuweichen. In C findet sich, wohl von jüngerer Hand, interlinear eingetragen der (nicht immer geglückte) Versuch einer Verszählung.
Inhalt: Klage über den Verfall der Gerichtsbarkeit. Die Strophe setzt mit der Beschreibung einer idyllischen Gegenwart ein: Klerus und Adel – symbolisiert durch ihre Insignien Bischofsmütze bzw. Krone (C 1) – kümmerten sich in ihren jeweiligen Rechtssprechungsmechanismen vortrefflich um die gesamte Christenheit. Dass diese ersten Verse jedoch wohl nur »ironisch zu verstehn« sind (von Kraus, S. 248, vgl. auch Zach, S. 160), zeigt die unmittelbar darauf folgende harsche Verurteilung des Richterstandes: Wenn Richter sich zugleich als Berater, Fürsprecher und Urteilende gebärdeten, ohne doch die damit je verbundenen Funktionen zu erfüllen, könne es nur mehr Urteilssprüche durch argen list (C 9) geben. Ein Angeklagter, ob schuldig oder unschuldig, der vom Wohlwollen (vgl. C 14) eines (ungerechten) Richters abhängig sei, könne nur auf verlorenem Posten stehen – Rechtssicherheit (vgl. C 16) werde weder von der geistlichen noch der weltlichen Gerichtsbarkeit gewährleistet.
Stephanie Seidl