Überlieferung: C und L überliefern die sechs Strophen parallel, jedoch mit meist kleineren Textvarianten in fast jeder Strophe.
Form: 2-a+.2a (.)4b / 2-c+.2c (.)4b // .2d+.2d (.)2-e+.2f (.)2-e+.2f
In dieser Strophenform legen Reim und Prosodie unterschiedliche Gliederungsmöglichkeiten nahe; auch ist die Kanzonenform verwischt durch die unterschiedlichen Binnenreime der Stollen (vgl. Braun, S. 406). Dies spiegelt sich in divergierenden Darstellungen durch die Forschung. Die vorliegende Edition betont mithilfe von Binnenreimen den daktylischen Rhythmus der Verse (vgl. von Kraus, S. 528). Bechstein I, S. 150–152, akzentuiert dagegen die Reimstruktur durch Versumbruch, während Saran, S. 85, drei lange Verse mit Binnenreimen ansetzt, die den beiden Stollen und dem Abgesang entsprechen.
Der fehlende Halbvers in C V,4 durchbricht das metrische Schema, derjenige in L II,6 auch das Reimschema.
Inhalt: In diesem Dialoglied befragt und beklagt ein Ich die personifizierte (Hohe) Minne. Die Gesprächspartner wechseln strophenweise, lediglich die letzte Strophe (VI) teilen sie sich. Die Minne verteidigt in ihren Strophen zum einen das mit der Liebeswerbung einhergehende Leid (II), zum anderen betont sie als ihr Ziel wirkungsvoll die gegenseitige Liebe (IV, VI), dass nämlich die Dame dem Ich herze unde lib teile mitte (C VI,4). Die abschließende Reaktion des Ichs ist folgerichtig keine Frage mehr, sondern das Ich akzeptiert die Notwendigkeit des beständigen treuen Werbens.
Beklagt das Ich in L I,2 die Wirkung der Minne als muͦt berouben (Hoffnungslosigkeit?), so ist die Variante in C I,2 (munt betoͮben) konkreter und eine poetologische Reflexion. Dementsprechend rät die Minne dem Ich in C lediglich formelhaft durh got (C II,2), während sie das hoffnungslose Ich in L II,2 ihrer guten Absicht versichert (durch guͦt). Interessant ist die unterschiedliche Akzentuierung des Bildbereichs vom Sehen und Hören in IV,3f.
Simone Leidinger