Überlieferung: C und L überliefern die fünf Strophen parallel.
Form: .4a 4b / .4a 4b // 4c 4c 4c
Vom daktylischen Rhythmus weichen beide Handschriften an unterschiedlichen Stellen ab (vgl. z. B. L I,2 oder C II,3). Er wird unterstrichen durch kleinere Füllwörter in C, die in L fehlen (vgl. C I,3: noch, II,7: daz, V,3: des; umgekehrt geht II,3 problemlos daktylisch nur in L auf). In IV,2 ist Auftakt anzusetzen, insbesondere im Abgesang stellt sich die Satzbetonung öfter einem auftaktlosen, daktylischen Versbeginn entgegen. In L ist zweimal die Reimstruktur im Abgesang durchbrochen (vgl. L III,5 und IV,6).
Inhalt: Das didaktisch gefärbte Lied definiert das im Minnesang geläufige Motiv der huote und der merkære um (vgl. auch C Liecht 91–95 et al.). So legt die erste Strophe überraschend merken als die positive Fähigkeit fest, den guͤtlichen muͦt der Damen wahrzunehmen (C I,5), wovon das toͮbe ubersehen (C I,4) der tumben abgegrenzt wird. II stellt diesem richtigen ein falsches merken gegenüber: Falsch ist, wenn huote und merken mit nît verbunden sind. III preist die huote, weil sie dazu führt, dass die Damen niender wenken von guͤte einen trit (C III,6). Mit IV schwenkt das Ich auf seine persönliche Situation um und löst die durch die positiven Umdefinitionen erzeugte Spannung auf: Dass die geliebte Dame sich selbst gut behüetet, lobt das Ich, bis auf des einen, des si an mir begat (C IV,4), nämlich dass sie seinen Liebesschmerz nicht beachtet. Diese Liebesklage überträgt gewitzt das merken (oder besser: sein Unterlassen) auf die Geliebte, was V aufgreift: Könnte sie nämlich richtig merken, so würde sie im Herzen des Ichs suͤssen gedingen, da bi jamers vil (C V,6) wahrnehmen. Die Entscheidung über Hoffnung und Schmerz wirft das Ich im Glückswurf (schanze, C V,7) der Geliebten zu, was als Bild prägnant die spielerische Argumentation des Lieds auffängt.
Simone Leidinger