Überlieferung: unikal in M.
Form (lateinische Strophe): 7' 7' 5 5 5 7 //R 7' .4 ‖ aa bb cc dd
Daktylische Versfüße treten auf in I,4f. Aphärese (ubi est) in I,3, dagegen Hiat in I,6f. (me amabit, silva undique). Die formale Beschreibung des achten, mittelhochdeutschen Verses (.4) richtet sich nicht nach dem silbenzählenden Prinzip Schallers, sondern nach der ›kuhnschen‹ Kurzschreibweise.
Form (deutsche Strophe): 3-a .3-a .3-b .3-b
Lateinisch-deutsches Mischgedicht in Form einer lateinischen Strophe mit makkaronischem Refrain und einer deutschen Strophe.
Die Strophen sind rhythmisch ungleich. Es gibt mehrere unreine Reime (z. B. II,1f.). II,1f. dürften mit daktylischem Rhythmus zu realisieren sein.
Sollte auch die deutsche Strophe Refrain haben? Die Handschrift weist keinerlei Kennzeichnung oder Lücke nach II,4 auf, die darauf hindeuten würde.
Die formalen Unterschiede der beiden Strophen haben manche Herausgeber veranlasst, I,7f. als Eingangsverse von Str. II abzudrucken, obwohl der Schreiber h² diese Verse unzweifelhaft als Refrain markierte (vgl. CB/HS). Dies würde zwar gleiche Verszahl der Strophen herstellen, jedoch bleibt die (sonst in den Carmina Burana seltene) Sprachmischung innerhalb einer Strophe erhalten. Floret silva undique wäre zudem die exakte Übersetzung von Gruͦnet der walt allenthalben.
Denkmöglich ist, dass der Autor Strophe I nach der Vorlage von Strophe II dichtete; mit der Gestaltung des Refrains bringt er deutsche Vorlage und eigene lateinische Nachbildung zusammen. Die Forschung geht mehrheitlich davon aus, dass Strophe I eine Übersetzung von Strophe II sei (z. B. Sayce 1982, S. 240). Gegenteilig argumentieren u. a. CB/V, Beatie, S. 365ff. oder Edwards, S. 271. Formale Aspekte von Strophe II (parataktische Syntax, Paarreim mit Assonanz in II,1f., die Exposition des Verbs in II,1) werden einmal für die Originalität, einmal für die Epigonalität der Strophe ins Feld geführt.
Inhalt: Frauenklage über einen abwesenden oder treulosen Geliebten, eingebettet in ein Frühlingsszenario und mit Natureingang. Diese Art der Frauenklage ist charakteristisch für den frühen deutschen Minnesang (vgl. Sayce 1982, S. 239). Die inhaltliche Übereinstimmung der lateinischen und deutschen Liedteile ist größer als in den meisten Carmina Burana: I,7 entspricht II,1 und I,5f. entspricht II,3f. Die ersten beiden Verse des Liedes führen I,7 bzw. II,1 detaillierter aus. Die einzige (minimale!) Unstimmigkeit liegt in I,3f. vs. II,2 vor.
Pereira rückt das Lied aufgrund thematischer Parallelen in die Nähe der ›Cantigas de amigo‹ (vgl. Pereira, S. 284f.).
Theresa Höfle / Florian Kragl
M Namenl/60v/2 1 = CB 149,1Zitieren | |||
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Codex Buranus (München, BSB, Clm 4660), fol. 60v | |||
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M Namenl/60v/2 2 = CB 149,2Zitieren | |||
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Codex Buranus (München, BSB, Clm 4660), fol. 60v | |||
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