Überlieferung: Das Lied ist in C unter dem Namen Rubins, in A jedoch als erster Text des Botenlauben-Korpus überliefert; beidemale zweistrophig. Während die Verfasserschaft Rubins nicht anzuzweifeln ist (vgl. unten zu den intertextuellen Bezügen), ist textlich die A-Fassung vorzuziehen; der C-Text weist einige offenkundige Fehler auf. Die zweite Strophe steht daneben in entstellter Form auch in der Reinmar-Sammlung E als Teil eines ›Liedes‹, das aus deutlich tonverschiedenen Strophen zusammengesetzt scheint (E Reinm 138–142). In den Nachträgen von A, in einem Abschnitt, der offensichtlich auf eine reine Rubin-Sammlung zurückgeht, findet sich eine Strophe (A Namenl 16), die wegen ihrer fast präzisen Formgleichheit und begrifflicher Responsionen zu diesem Liedton zu rechnen ist. von Kraus, S. 418 wendet sich gegen Zupitza, der drei Einzelstrophen angesetzt hatte, mit dem Argument der »wohlüberlegte[n] Komposition« des Liedes, die er aber nicht wirklich demonstriert.
Form: Stollenstrophe 4a 3-b 4c / 4a 3-b 4c // .5d 6d 3-b 3e 6e. Die weiblich kadenzierenden Verse in der Stollenmitte (V. 2 und 5) sind mit einiger Sicherheit als klingende Vierheber zu interpretieren. Der Abgesang nimmt in einem baugleichen Vers (V. 9) dieses klingende Reimwort des Aufgesangs wieder auf. von Kraus las V. 9+10 als einen binnengereimten Langvers, wohl weil C nach V. 9 keinen Reimpunkt setzt. Abweichungen vom Schema sind zahlreich, wie denn das Lied auch textlich eher schlecht überliefert ist. Hebungsprall findet sich in C I,3.4, A I,8, eine fehlende Hebung in A II,9, C II,10 und A Namenl 16, V. 11; fehlender Auftakt in A I,7. In E ist die Form vollständig verlassen worden; der Aufgesang ist dort zu einem unregelmäßigen vierzeiligen Gebilde umgebaut (6-a 6b 3-a 4b).
Inhalt: Das Lied hat starke programmatische Tendenzen. Es entwirft die Ausgangsposition des Minnesangs in dem altbekannten Widerspruch zwischen dem eigenen Kummer und der Absicht, der werlde froide zu meren. Die zweite Strophe bekundet – mit ablehnendem Rekurs auf Walther – die Überzeugung, trotz der Ungnadenbeweise der Dame am minneclichen singen festhalten zu wollen und sich angesichts der ausbleibenden echten Freude ersatzweise am Preis der Geliebten allein zu erfreuen (din lop ze vroiden nemen II,7). Die separat überlieferte Strophe A Namenl 16 könnte als beispielhafte Realisation eines minneclichen singens durchgehen: sie versucht, die herzeliebe frouwe zu bewegen allein durch die Berufung auf die Fülle an guoten dingen, über die ein so reines wibes lip verfügt.
Die redaktionell stark veränderte Strophe E 142 ist inhaltlich kaum verständlich.
Intertextuelle Bezüge: Kaiser, S. 66–68, arbeitet die polemischen Bezüge auf Walther L 48,12 heraus. Rubins Lied Lob der reinen wibe mac (A Rubin 1 2 3) schließt sich konzeptuell und sprachlich wiederum eng an das vorliegende an (Kaiser, bes. S. 53); es ist auffälligerweise ebenfalls von E in die Reinmar-Nachträge z2 aufgenommen worden, wo sich auch der Walther-Prätext L 48,12 findet.
Sonja Glauch