Überlieferung: Die Strophen sind in BC im Korpus Heinrichs von Veldeke überliefert.
Form und Liedeinheit:
Metrische Formel: 4-a 4-b / 4-a 4-b // 4-b 3-a 4c 4c 4c
Es liegen neunversige Stollenstrophen mit freier Auftaktgestaltung vor. In B I ist der a-Reim im ersten Vers durch Textumstellung gestört; I,4 ist unterfüllt. Die dem b-Reim der ersten Strophe mehrfach angekreidete Kadenzabweichung (vgl. Schweikle, S. 440; Klein, S. 469) erklärt sich als Resultat der Umsetzung niederdeutscher Formen ins Oberdeutsche (vgl. Anm. im Apparat). Ein Argument dafür, die Strophen als Einzelstrophen zu verstehen (so Schweikle), lässt sich daraus nicht gewinnen. Auch Brinkmann ediert II als Einzelstrophe, wobei er sich der unter anderem von Frings/Schieb, S. 114f., 120, vertretenen Meinung anschließt, I Veldeke abzusprechen. Frings/Schieb, S. 114–123, fassen gleichzeitig beide Strophen mit BC 31 zusammen. Zur Frage der Autorschaft von I vgl. auch MF/MTE, S. 82, sowie Bein, S. 382–385.
Inbesondere aufgrund von Formparallelen wird eine Nähe des Liedes zu Pour mal temps ne por gelee des Trouvères Gace Brulé angenommen (vgl. Waesberghe, S. 265; er bezieht sich auf die Liedeinheit von BC Veld 29–31).
Inhalt: Minnepreis (und -parodie).
Das Lied greift zahlreiche Topoi der Hohen Minne auf, führt sie spielerisch neu zusammen und unterläuft höfische Traditionen, insbesondere in den ironisch lesbaren Schlussversen der beiden Strophen (zur Ironie vgl. auch Klein, S. 469): Die erste Strophe setzt ein mit einem Frauenpreis und einem an BC KHeinr 3 erinnernden Kaisertopos. Das Motiv des Minnetoren wird aufgegriffen (vgl. I,5), die Aposiopese lässt Raum für erotische Gedanken (vgl. I,7), und auf den Topos der Fernminne wird angespielt (vgl. I,9). Die zweite Strophe erinnert an ein Treffen des Sprechers mit seiner Dame, welches als Grund des Singens markiert wird. Wie ein Hase den Windhund, konnte die Dame ihre Aufsicht betrügen.
Sandra Hofert / Sonja Glauch