Überlieferung: Das vierstrophige Lied ist in B und C im Korpus Walthers von der Vogelweide in identischer Strophenreihung, wohl basierend auf gemeinsamer Vorlage (vgl. Wilmanns, S. 26), überliefert.
Form: .4a .4b / .4a .4b // 1c+6c .4d .4e .4d .4e 1f+6f
Kanzonenstrophe. Das metrische Schema ist unter Annahme beschwerter Hebungen auf die Pausenreimwörter der Verse 5 und 10 erstellt, stattdessen sind auch Senkungsreime möglich. Entgegen dem Schema auftaktlos sind BC IV,1; B III,1 sowie C III,3. BC II,6 und B III,1 sind überfüllt; C IV,9 ist unterfüllt. Hebungsprall weist B II,6 (sín hóveschèn) auf. Gelegentlich tritt schwebende Betonung am Versbeginn auf (z. B. in BC I,6; II,1).
Inhalt: Frauenpreis. Das sogenannte ›Kaiserlied‹ eröffnet mit der Legitimation des Selbstlobs des Sängers, die in seiner vorbildlichen Zurückhaltung, selbst verglichen mit einem klosener (C I,5), liegt (Str. I). Str. II beginnt mit einem Preis der apostrophierten Dame, woraufhin das Ich in rhetorischen Fragen sein Begehren als die Freiheit seiner Gedanken rechtfertigt (II,3–7). Die Verzichtshaltung des Sänger-Ich wird, übertragen auf die Minnesang-Situation, in seiner Zufriedenheit mit der Ansehenssteigerung der Dame durch seinen Sang erneut aufgegriffen (II,8–10). Kontrastiv führt das Ich in Str. III den Rat der Dame an, dass man denjenigen erfreuen solle, der einen schwermütig macht, auf dass dieser sich schäme und einem gewogen werde. Einen solchen Wandel fordert das Sänger-Ich von der Dame, damit ihr eigenes Verhalten ihre Aussage nicht Lügen straft. Str. IV überblendet äußere und innere Tugenden der Dame in der Metapher eines für ihren Körper stehenden Gewandes, in das sin und selde (C IV,5) eingenäht (B) bzw. eingeprägt (C) sind. Nicht nur der Sänger nähme diese Kleidung, sei sie auch getragen, gerne an, sogar der (ironisch überspitzt) apostrophierte Kaiser würde für diese Gabe zum Spielmann der Dame (vgl. Ashcroft, Mertens 1986 zur poetologischen Reflexion sozial verschieden verorteter Sänger-Rollen in der letzten Strophe).
In Kaisertopos und Kleidermetaphorik lassen sich motivische Bezüge zum nachfolgenden Lied C Wa 230-233 et al. herstellen.
Milena Müller
B Wa 91 = L 62,16Zitieren | |||
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Weingartner Liederhandschrift (Stuttgart, LB, HB XIII 1), pag. 164 | |||
II | |||
B Wa 92 = L 62,26Zitieren | |||
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Weingartner Liederhandschrift (Stuttgart, LB, HB XIII 1), pag. 165 | |||
III | |||