Überlieferung: Die sog. ›Hofwechselstrophe‹ ist unikal in B überliefert.
Form: .6a .6a .5-b / .6c .6c .5-b // .4d .6d .5-e / .4f .6f .5-e, siehe Tonkommentar.
Inhalt: Die Spruchstrophe ist im Zuge von Walthers Wechsel vom Wiener zum Staufer Hof enstanden. Herzog Friedrich I. von Österreich war im April 1198 bei einem Kreuzzug ins Heilige Land ums Leben gekommen (V. 2), noch im selben Jahr scheint sich Walther dem Hof Philipps von Schwaben zugewandt zu haben. Der Spruch ist damit etwa auf das Jahr 1198 datierbar. Gründe für den Hofwechsel nennt der Spruch nicht, Liebertz-Grün sieht in der Nicht-Nennung Leopolds VI., des Nachfolgers Friedrichs, eine scharfe Kritik an diesem Fürsten (S. 288). Der Spruch zielt aber nicht so sehr auf die Desavourierung Leopolds als vielmehr auf die Gegenüberstellung von Friedrich und Philipp, Trauer und Freude.
Der Spruch setzt ein mit der Klage über den Tod Friedrichs und endet mit dem Herrscherlob Philipps. In der Mitte steht das erleichterte Bekenntnis des Sänger-Ichs: ich bin wol ze fu̍re komen (V. 7), wobei mit dem fu̍re wohl metonymisch an das ›Herdfeuer‹, also einen festen Platz innerhalb der Gesellschaft, zu denken ist.
Die antithetische Grundstruktur, die sich aus dem Gegensatz Klage/Lob ergibt, greift Walther mehrfach kunstvoll auf, vor allem in der Bildstruktur des ›Gehens‹: Zeigt sich die Trauer des Sänger-Ichs im ersten Spruchteil darin, dass es nicht mehr im krenechen trit (V. 3) daherschreitet, sondern schlichent als ain pfawe (V. 4) gehen muss, wird seine Freude in der zweiten Liedhälfte durch tanzen (V. 9), zu dem das Sänger-Ich zumindest motiviert, und das eben[e] Aufsetzen des Fußes (V. 11) ausgedrückt.
Die Forschung ist vor allem immer wieder auf die Tiervergleiche eingegangen; Röll sieht Bezüge zur Avian’schen Fabel von Kranich und Pfau, in der der Pfau den Kranich wegen seiner Schmucklosigkeit verspottet und daraufhin wegen seiner Flugunfähigkeit gerügt wird.
Björn Reich
B Wa 111 = L 19,29; RSM ¹WaltV/6/4Zitieren | |||
Weingartner Liederhandschrift (Stuttgart, LB, HB XIII 1), pag. 170 | |||