Überlieferung: Die Liedstrophe ist fast textgleich in BC überliefert und wird häufig als Teil eines zweistrophigen Liedes angesehen (vgl. den Kommentar zur größeren Texteinheit). Dagegen spricht, neben dem Wechsel der Initialenfarbe in C, das metrische Schema, denn bei B Wa 87/C Wa 223 handelt es sich nicht wie bei B Wa 88/C Wa 224 um zwölfzeilige, sondern um elfzeilige Strophen. Ein Textausfall, wie er von Wa/Bei und Schweikle angenommen wird, ist inhaltlich nicht zu rechtfertigen.
Form: 4a .4b / .4a .4b // 5c 8c 4x 2-d .3-d .2-e 5-e
Elfzeilige Stollenstrophe; die Metrik ähnelt der zwölfzeiligen Folgestrophe in BC, wie die metrischen Abweichungen (etwa in V. 6) zu beurteilen sind, ist nicht leicht zu sagen, da sich die Verse durch die vielen, teils mehrsilbigen Auftakte mit unterschiedlicher Hebungszahl lesen lassen.
Inhalt: Abschiedslied?
Das einstrophige Lied bleibt inhaltlich dunkel, was sich aber auch durch die Zusammenstellung mit der Folgestrophe nicht ändert (vgl. den Kommentar zur größeren Texteinheit). Zunächst äußert das Sänger-Ich seine Freude darüber, dass es von seiner Dame beklagt werde (nur warum?), hofft aber zugleich, dass ihre sehnsuchtsvollen Gefühle der mâze entsprechen und sie weder von ungefuͤge[r] swere noch ungefuͤge[r] vroͤde geprägt sind (I,6). Kontrastiert wird dieses richtige höfische Verhalten mit denen, die sich den munt so sere bisent (I,11). Was damit genau gemeint sei, wird in der Forschung sehr unterschiedlich gedeutet.
Björn Reich