Überlieferung: Das vierstrophige Lied ist in A und C mit identischem Strophenbestand und gleicher Reihung überliefert.
Form: .6-a .4b / .6-a .4b // .6-c .4d .5d .4x .4-c
Neunversige Stollenstrophen mit Waise. In einigen Ausgaben werden die beiden letzten Verse zu einem Langvers zusammengefasst (vgl. Schweikle). Das metrische Schema ist insgesamt uneinheitlich: Zum Beispiel sind I,1 oder I,3 um eine Hebung zu kurz. In vielen Fällen sind dreisilbige Takte anzunehmen (etwa in IV,9). Bei Str. III scheint in beiden Hss. Textverderbnis bei den V. 8 und 9 vorzuliegen.
Inhalt: Dialog/Wechsel.
Das Lied bildet eine Mischform aus Dialog und Wechsel. Es beginnt mit der direkten Anrede des männlichen Sprecher-Ichs an die Frau, das darum bittet, einzig ihr leben zu dürfen. Die Frau reflektiert in Str. II dann aber über ihren fru̍nt in der dritten Person und bedauert, dass er auch andere Frauen liebe. In Str. III spricht wieder das männliche Ich, nun ebenfalls über die Frau, und beklagt, dass er jemerlich (III,4), aber vergeblich um ihre Liebe gebeten habe. In Str. IV spricht die Frau nun direkt den Freund an und bekennt, dass sie ihm aufgrund seiner schon immer vorhandenen unstetecheit (IV,6) jede Bitte abschlägt.
Formal bildet die Mischung aus Wechsel und Dialoglied den gescheiterten Versuch zwischen den beiden Sprecherinstanzen, eine Einigung zu finden, nach (vgl. auch Scholz, S. 88f.). Vielleicht dient auch die bisweilen etwas uneinheitliche Metrik dazu, eben diese Korrumption des Gespräches nachfühlbar zu machen. Inhaltlich steht die ethische Frage nach der Treue im Zentrum des Liedes: Während der Mann eine gemeine (II,3) Liebe anzustreben scheint, plädiert die Frau für ein ausschließliches Paarverhältnis zwischen zwei Liebenden.
Aufgrund der durch das Sprecher-Ich vertretenen Liebesauffassung wurde das Lied bisweilen aus moralischen Gründen für unecht erklärt.
Björn Reich
C Wa 250 (246 [255]) = L 70,22Zitieren | |||
Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 135rb | |||
I | |||
C Wa 251 (247 [256]) = L 70,31Zitieren | |||
Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 135rb | |||
II | |||
C Wa 252 (248 [257]) = L 71,1Zitieren | |||
Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 135va | |||
III | |||