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Walther von der Vogelweide, ›Mit valscheloser guͤte lebt‹ (C 256 257 258) Lied zurückDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Das dreistro­phige Lied ist in A und C mit identischem Strophenbestand, gleicher Reihung und nur geringen textlichen Abweichungen überliefert.

Form.4a .4b .4c / .4a .4b .4c // .4d .4d .4e .4x .4e

Elfzeilige isometrische Stollen­stro­phe mit Waisenterzine im Abgesang. Kleinere Abweichungen vom Schema finden sich meist parallel in beiden Hss., wie etwa der unterfüllte V. II,3 oder der fehlende Auftakt in II,5. Die V. I,9 und III,11 sind um jeweils eine Hebung zu lang. Forschungsgeschichtlich interessant sind die Eingriffe, die in älteren Ausgaben vorgenommen wurden: Neben metrischen Glättungen (bes. II,3) wurde vor allem in Str. III der unreine Reim (III,8) getilgt (trotz inhaltlich schlechterer Lesart) und das sprach durch jach ersetzt, weil »jach eine Responsion zu II,7 darstellen würde« (so ebenfalls kritisch Köhler, S. 206).

Inhalt: Wechsel.

Der thematisch eher konventionelle (und vielleicht daher von der Forschung kaum beachtete) Wechsel beginnt in den ersten beiden Strophen damit, dass die Liebenden unabhängig voneinander ihre Liebe zum jeweils anderen formulieren. In der einleitenden Männerstrophe berichtet das Ich von seiner Sehnsucht nach der Dame. Sie habe ihm alle anderen Frauen enpfroͤmdet (I,8). In Str. II spricht ihrerseits die Dame davon, dass der Geliebte sich durch seine stete (II,4) und durch seine tugent (II,10) einen Platz in ihrem Herzen erobert habe. Seitens der Dame liegt damit ein deutlicher Fokus auf dem ethischen Verhalten des Mannes; ungewöhnlich ist allerdings, wie deutlich sie die Zugeständnisse formuliert, zu denen sie bereit wäre (der ... mac gebieten swaz er wil – II,2f.). Ebenfalls eher ungewöhnlich für einen Wechsel setzt die folgende und abschließende Männerstrophe beim männlichen Sprecher-Ich Kenntnis der Frauenrede aus II voraus (III,8f.).

Auffällig ist die bei aller scheinbaren Schlichtheit kunstvolle Gestaltung des Liedes. Sie zeigt sich vor allem darin, dass zentrale Begriffe immer wieder aufgegriffen werden, machmal wiederholend, manchmal gegensätzlich, manchmal ergänzend: Dem wunnekliche[n] wan (I,1) steht der wunnekliche[] trost (III,5) gegenüber, dem senelichen kumber (I,3) das Leben ane sorge (III,11), dem wibes heil (II,8) das mannes heil (III,7).

Björn Reich

Kommentar veröffentlicht am 30.01.2024; zuletzt geändert am 06.05.2024.
Gehört zur Anthologie: Wechsel
 C Wa 257 (253 [271]) = L 72,9Zitieren
Digitalisat
Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 135va
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 II
 
 
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