Überlieferung: Das dreistrophige Lied eröffnet die Wolfram-Korpora in B und C. Im Nachtragskorpus von B fehlt die explizite Autorzuschreibung; die am oberen Blattrand nur mehr rudimentär erhaltene Namensangabe von Eschilbach(?) stammt wahrscheinlich von späterer Hand.
Form: .4a .4b / .4a .4b // 4c .4c
III,2 ist überfüllt, wenn man nicht habent zu hant kontrahiert. Zwischen den Reimvokalen der Str. I und III besteht ein Art Spiegelverhältnis: i a / i a // a a versus a i / a i / i i.
Inhalt: Das Minne- und Werbelied überblendet Vogel- und Minnesemantik. Str. I rekurriert auf den Falken – das Verb gern »meint das Jagen und Zustoßen des Falken« (Wapnewski, S. 183), verhaben impliziert die Kappe, die sein oͮgen swingen verhindert (V. 4) – und die Eule (iuwelnslaht, V. 5, und vinster naht, V. 6), Str. III auf den Storch. Die Hohe Minne klingt an, wenn das Ich die Frau um Erlaubnis ersucht, sich ihr zuzuwenden (I,1f.), und wird in Str. II mit den konventionellen Motiven des freudebringenden Grußes, des Dienstes und des wunderbaren Glückswechsels breiter entfaltet. III,4f. spielt auf ein Vergehen der Dame am Sprecher an – wohl ihre Untreue, denn der Storch in III,1 ist bekannt dafür, diese zu bestrafen –, dennoch bekundet dieser seine Bereitschaft, das Vorgefallene auf sich beruhen zu lassen und sich anständig zu verhalten. Die Interaktion der Vogel- und der Minnesemantik bestimmt die Ausage des Liedes und liefert den Schlüssel zu seiner Interpretation, etwa der als Parodie der Hohen Minne.
Intertext: Man hat Anspielungen auf Reinmar und Walther von der Vorgelweide ausmachen wollen (Wapnewski, S. 179, 186–189), das Lied auf die sog. Selbstverteidigung Wolframs im ›Parzival‹ bezogen und die Bedeutung der Vogelbilder durch den Abgleich mit antiken Fabeln (Achnitz, S. 282) oder mittelalterlichen Tierbüchern zu bestimmen versucht (Hartmann).
Manuel Braun