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Über Zilies von Sayn, der in der Handschrift J als meister (Bl. 20v) bezeichnet wird, lässt sich nur aus der dortigen Überlieferung wenig und oft Spekulatives ableiten. Ob dort entworfene Lebenssituationen, etwa das Reisen zu Fuß, auf Zilies' Biografie bezogen werden können, bleibt letztlich offen. Überlegungen der früheren Forschung zu epischen Werken Zilies' (Bach) erscheinen heute unbegründet. Relativ naheliegend ist jedoch die zumindest räumliche Zuordnung zum Grafengeschlecht von Sayn (bei Koblenz). Wachinger, Sp. 1554, hält zudem die Datierung in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts für plausibel, also Jahrzehnte vor dem einzig festen terminus ante quem, der Entstehung von J.
Überlieferung und Werk
In J werden auf Bl. 20v-21v unikal sieben Strophen zu je acht Versen in zwei Tönen (Ton 1: Str. I und II; Ton 2: Str. III–VII) mit Melodie überliefert. Der formale Aufbau beider Töne ist ähnlich, viele Verse weisen aber große metrische Freiheiten auf. Die metrische Bestimmung von Brunner, S. 112, kann für die Strophen des zweiten Tons nur als Richtwert gelten.
Zilies' Sangsprüche beschäftigen sich in dezidiert kritischer Weise mit den Zuständen bei Hofe und setzen die Realität in Kontrast zum ethischen Anspruch der Adelsgesellschaft; thematisiert werden etwa Geiz, Ehrlosigkeit und der Wert des äußeren Scheins. Das Sprecher-Ich wählt die Rolle eines mittellosen, auf Zuwendungen angewiesenen Außenstehenden. In der älteren Forschung wurde das Werk Zilies' auf zum Teil unsachliche Weise abqualifiziert, vor allem von Roethe. Einige Aspekte des Œuvres, so die Originalität einzelner Bilder wie das vom Land voller unbegrabener Toter (J Zilies 2) oder poetologische Überlegungen (J Zilies 4), lassen aber auch an eine positivere Bewertung denken.
Matthias Kirchhoff/Stefanie Köpf