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Gottfried von Neifen, ›Owe, winter, din gewalt‹ (C 1–5) Lied vorDruckerTEI Icon

Überlieferung

C Neif 1–5

Kommentar

Überlieferung: Unikal in C, Str. V ist eine von sechs Nachtrags­stro­phen im Korpus Gottfrieds von Neifen (vgl. Henkes-Zin, S. 116).

Form: 3a+.1b 3-c 4d .3e / 4b 3-c 4d .3e // 5-f 7-f .7a

Die Überlieferung des formal anspruchsvollen Lieds weist Unregelmäßigkeiten auf: II,5f. scheint verderbt, IV,4 ist nur mit Synkopierung und mehrfacher Apokopierung nicht überfüllt (vgl. die Vorschläge von von Kraus). III,4 und V,11 haben keinen Auftakt, V,3 und V,7 besitzen einen entgegen des Schemas. II,11 weicht mit einer beschwerten Hebung von der regelmäßigen Alternation ab.

Inhalt: Das Klagelied betont die Macht der Dame und stellt damit ihre Verantwortung heraus, das Ich zu erhören. Auffällig ist die sexuelle Metaphorik des Flachsschwingens (vgl. C Neif 9, 105 und insbesondere C Neif 160–162).

Str. I ist als Natureingang mit zwei Ausrufen sowie der dreimaligen Wiederholung des Verbs ›klagen‹ eine emphatische Klagestrophe, mit der das Ich zunächst den Winter beklagt. Die Parallelisierung von Ich und Nachtigall (I,7–9) lenkt dies jedoch um: Das Ich schilt sich selbst als tumbe[n] vogel (I,9), der gerade nicht wegen des Winters leidet, sondern wegen unerwiderter Liebe. Hat in Str. I der Winter gewalt (I,1), so in Str. II die Dame (II,4): Sie ist Herrin über die sorgen (II,3) des Ichs. Der Alterstopos in II,7f. unterstützt hyperbolisch die Ausstellung ihrer Macht, wenn das Ich angibt, daz (Sorgen und Alter?) könne du̍ vil ku̍sche wol erwenden (II,9). Mit II,10f. greift das Ich nochmals die Natur auf: Hilft die Dame, zieht es die Situation dem Sommer vor. Die poetologische Str. III führt einen Kerngedanken der Hohen Minne vor, der als persönliche Situation des Ichs präsentiert wird: Das Ich unterscheidet [r]einu̍ (III,1) von valsch[en] wib (III,3), wobei sich erstere durch ihre guͤte (III,10) auszeichnen, die Liebesglück verspricht; die Hoffnung darauf ermöglicht wiederum Minnesang, dessen Fortsetzung – für Dame wie Ich gleichermaßen erstrebenswert – hier als ›Erbe‹ gefasst wird (vgl. III,10f. sowie von Kraus, S. 91, Anm. 2). Die letzten beiden Strophen richten sich größtenteils an die personifizierte Minne. In Str. IV bittet das Ich Frouwe Minne darum, die Liebe zur Dame zu erfüllen, und warnt gleichzeitig (immer noch die Minne oder die Zuhörer?) davor, dass von dieser Freude seines herzen sin (IV,7) schwach würde. Auffällig ist hier die sexuell konnotierte Bildlichkeit der flachsschwingenden Dame; die erotische Metapher des unbestäubten roten Mundes nutzt dabei die Semantik der huote, um die Selbstbestimmung der Geliebten und (wie in III) ihre Macht hervorzuheben (vgl. IV,11f.). Str. V greift Alterstopos und Schmerz wieder auf: Das Ich unterstellt, die Dame wolle es Sterben lassen im Streben um einen Gruß, nicht einmal einen Blick aus ihren schönen, klaren Augen könne es erlangen (vgl. V,6–8). Da das Ich erfolglos ist, beendet es seine Klage mit der Bitte an die Minne nach einer gegenseitigen Liebe.

Simone Leidinger

Kommentar veröffentlicht am 01.01.2019; zuletzt geändert am 23.06.2022.
Gehört zur Anthologie: Minne- bzw. Werbelied
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Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 33ra
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