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Reinmar, ›In ist lieb, das man si stetekliche bitte‹ (C 82–86) Lied zurückLied vorDruckerTEI Icon

Kommentar

Überlieferung: Das Lied ist im Reinmar-Korpus in C überliefert; in B sind die Strophen Teil des ursprünglich namenlosen Abschnitts der Reinmar-Sammlung (s. Korpuskommentar zu B). Burdach, S. 214f., konstruiert die Ordnung I, II, III, V, IV.

Form: 6a .5b / 6a .5b // (.)4c .4x .6c

Es liegen siebenversige Stollen­stro­phen vor, wobei die Waise in II unrein mit dem c-Reim des Abgesangs reimt und jene in IV die Waise in I aufgreift. Weibliche Kadenz in II,5.7.

Inhalt: Minneklage, in der minnesangspezifische Paradoxa aufgegriffen und Topoi gegeneinander ausgespielt werden.

Niemand empfindet größeres Leid als der Sprecher, gleichzeit sieht man ihn doch voller Freude (vgl. Str. I). Diese im Gestus der Klage vorgetragene Behauptung des freudigen Scheins bezeichnet Müller als »performativen Selbstwiderspruch« (S. 390): »Gesprochenes und Gesehenes fallen auseinander« (ebd.). Die Situation, das Leid des Ichs, lässt zudem gattungsgemäß einen Klagemonolog erwarten, doch würde ein solches Klagen gleichzeitig einen Vorwurf gegen die Frauen implizieren, sodass das Ich diese Möglichkeit verwirft (vgl. I,6f.). herzesere (II,5) ist besser, als unangemessen von den Frauen zu reden, so der Sprecher in der zweiten Strophe. »Damit ist das Problem exponiert – kein Minneproblem, sondern ein Minnesangproblem« (Hübner, S. 103).

Doch an die mit einem Frauenpreis endende zweite Strophe schließt sich nun in der dritten doch eine Schelte der Damen an: Die Frauen wünschen beständigen Dienst, nur um sich den an sie herangetragenen Bitten zu versagen. So klagt das Ich die Aussichtslosigkeit seiner Werbung. Keinem anderen sei es so ergangen wie ihm, so der Sprecher in der vierten Strophe. Würde er die senede not (B IV,6) beenden, könnte sie (die Dame, die Not) ihm nie mehr weder wohl noch weh tun können.

Schließlich nimmt das Ich seine Kritik an den Frauen, die er eigentlich gar nicht aussprechen wollte, zurück: Die Dame kann doch eigentlich nichts für sein mühevolles Leben, da er sie gegen ihren Willen in seinem Herzen trägt. Nur seine eigene Beständigkeit schadet dem Ich (vgl. Str. V).

So zeigt das Lied, dass die Klage »problematisch ist, weil sie zur Anklage und also zur Schelte tendiert« (Hübner, S. 105) und so das »Grundaxiom« (ebd.) infrage stellt, »das letzten Endes den Minnedienst in Gang hält: die Vollkommenheit der Frauen« (ebd.).

Sandra Hofert

Kommentar veröffentlicht am 12.09.2022.
Gehört zur Anthologie: Minne- bzw. Werbelied
 C Reinm 84 = MF 171,11Zitieren
Digitalisat
Große Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse (Heidelberg, UB, cpg 848), fol. 102ra
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